Kuriose Überschneidung: Bremer Briefwähler verpassen Bundestagswahl
Flugtickets oder Stimmzettel? Diese Entscheidung hat ein Bremer Paar, das immer wählen ging, jetzt schweren Herzens treffen müssen. Schuld ist das deutsche Wahlgesetz.
Zu den anstehenden Bundestagswahlen am 23. Februar können alle wahlberechtigten Bremerinnen und Bremer ihre Stimme abgeben. Wirklich alle? Nein. Für manche gilt das offenbar nicht. Zu ihnen zählen Christian Bertz und Anne-Kathrin Manze. Das Bremer Paar wird ab Ende Januar mit ihrem sieben Monate altem Baby Joris neun Wochen lang Elternzeit in Australien verbringen – und sich so einen Lebenstraum erfüllen.
Eine vorgezogenen Bundestagswahl hatten sie bei ihrer Flugbuchung allerdings nicht auf dem Zettel. Kein Problem, dachte sich das Paar. "Schließlich bin ich bisher immer zur Wahl gegangen", sagt Anne-Kathrin Manze. Doch die Nachfrage nach Briefwahlunterlagen lief dann anders, als erhofft.
Das Wahlamt war super hilfsbereit.
Christian Bertz, Wähler und Australien-Reisender aus Bremen
"Sie haben gefragt, okay, ab wann seid ihr unterwegs? Wir gucken, dass ihr das vorher bekommt", sagt Christian Bertz. Dann habe der zuständige Mitarbeiter allerdings noch einmal Rücksprache mit seiner Chefin gehalten. Und letztlich habe es geheißen: "Unterm Strich schaffen sie es zeitlich leider einfach nicht", sagt Bertz.
Zweieinhalb statt sechs Wochen Zeit
Die Schuld des Wahlamts ist das nicht. Es liegt schlicht daran, dass die Vorbereitungszeit für die vorgezogenen Bundestagswahlen so kurz ist. Die Stimmzettel müssen noch gedruckt werden. Zur Verfügung stehen sie erst ab dem 5. Februar. Da ist der Flieger der Familie längst in Australien gelandet.
Auch das Zeitfenster von der Aushändigung der Briefwahlbögen bis zum Wahltermin ist auf gut zweieinhalb Wochen geschrumpft – bei normalen Bundestagswahlen wären es sechs Wochen.
In Estland ist E-Voting möglich
Christian Bertz würde sich daher modernere Alternativen zur Briefwahl wünschen. "Es ist jetzt 2025, weshalb kriegen wir das nicht digital hin?", sagt er. In anderen Ländern funktioniere das doch auch.
In Estland beispielsweise dürfen Bürgerinnen und Bürger schon seit 2005 online wählen. Das Land ist aber international die Ausnahme. Dass in Bremen zur Bundestagswahl noch analog mit Stift, Zettel und Briefumschlag gewählt werden muss, begründet Landeswahlleiter Andreas Cors dann auch mit den geltenden Gesetzen in Deutschland. Diese Vorgaben seien Vorkehrungen dagegen, dass mit der Wahlstimme etwas passiere, was die Wähler nicht wollten. Die Abschottung des Systems von anderen IT-Systemen hält Cors für richtig. "Damit ist das Risiko einer Manipulation nicht gegeben."
Bremerinnen, die in diesem Februar durchs gut 16.000 Kilometer entfernten Australien reisen, helfen diese Argumente wenig. "Ich finde das schade", sagt Anne-Kathrin Manze. "Denn wählen zu gehen, empfinde ich als gesellschaftliche Verpflichtung."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 11. Januar 2025, 19:30 Uhr