Nachruf Larissa Drygala: Bremens Sportgymnastik verliert ihr Herz
Die Rhythmische Sportgymnastik war ihr Leben über 30 Jahre lang als Trainerin am Bundesstützpunkt und bei Bremen 1860. Nun ist Larissa Drygala mit 56 Jahren gestorben.
Larissa Drygala hat immer gekämpft. Wie eine Löwenmutter hat sie sich für ihre Mädchen eingesetzt, um sie auf die große Bühne zu bringen. Die Rhythmische Sportgymnastik, das war ihr Leben und ihre Leidenschaft. Und dafür gab sie alles, bis zum Schluss.
In den mehr als 30 Jahren als Trainerin bei Bremen 1860 hat sie unzählige Sportlerinnen großgezogen, darunter auch die mehrfache deutsche Meisterin Aleksandra Zapekina oder Julia Stavickaja, die sogar bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro mitturnte. Eines von so vielen Highlights aus vielen Jahrzehnten, die Larissa Drygala mit ihrer bestimmenden, aber auch so begeisternden Art begleitet hat.
Drygala baute den Bundesstützpunkt 1991 auf
Gemeinsam mit ihrer Mutter Gisela Drygala, die vor zwei Jahren an Krebs starb, hatte sie 1991 den Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik aufgebaut, arbeitete dort jahrelang als Cheftrainerin. Und im Grunde ist es nur Drygalas bedingungslosem Engagement zu verdanken, dass der Stützpunkt in Bremen weiterhin existiert. Sie war streitbar, scheute sich nicht, auch gegen Widerstände aus dem Deutschen Turner-Bund leidenschaftlich anzukämpfen und öffentlich zu benennen, was ihr missfiel.
"Miss Bundesstützpunkt", so wurde Larissa Drygala in der Szene genannt. Und sie hat mit ihrer Mutter Bremen überhaupt erst auf die deutsche Sportgymnastik-Landkarte gebracht. Aber Drygala war längst nicht nur in Bremen vernetzt, sie hatte sich in den Jahren als aktive Gymnastin, später als Trainerin und vor allem als hoch anerkannte internationale Wertungsrichterin auf der ganzen Welt Kontakte aufgebaut.
Olympia 2008: Highlight in ihrer Karriere als Wertungsrichterin
Erst vor einem Jahr war durch ihre Verbindung die Nationalmannschaft aus Australien im Bundesstützpunkt zum dreiwöchigen Trainingscamp zu Gast gewesen und bekam von Larissa Drygala den letzten Feinschliff für die Commonwealth Games. Die Olympischen Spiele 2008 in Peking, sie waren eines der persönlichen Highlights von Larissa Drygala. Dort wertete sie bei vielen Medaillenentscheidungen mit. War mittendrin, wo sie immer zu finden war – in ihrem Lieblingssport.
Das änderte sich auch nicht, als Larissa Drygala vor sieben Monaten von ihrer Krebserkrankung erfuhr. Etliche Chemotherapien, Bestrahlungen und eine Stammzelltransplantation stand sie durch, schöpfte Hoffnung. Kämpfte, wie sie es immer getan hatte. Und trotz ihrer Behandlungen blieb sie weiter die eindringliche, aber nie aufdringliche Stimme des Bremer Sportgymnastik. Drygala schrieb eifrig ihre Pressemitteilungen und trommelte engagiert für ihre Mädchen.
Es gab "keinen Plan B" mehr für Drygala
Und sie hörte auch nicht auf zu kommunizieren, als sich im Juli der Krebs zurückmeldete. Die aggressivste Form der Leukämie. Larissa Drygala schrieb Ende Juli eine Mail an die Bremer Sportredaktionen, um sich zu bedanken für die Jahre der Zusammenarbeit. Und sich zu verabschieden. Denn dieses Mal gab es "keinen Plan B" mehr für sie, "ich werde mich meinem Schicksal ergeben müssen", schrieb sie.
Ich habe ein Leben auf der Überholspur geführt (manchmal wusste ich nicht mehr, in welchem Land ich morgens aufgewacht bin...), eine tolle Familie plus Hunden um mich gehabt. Ich habe viele große sportliche Erfolge und Niederlagen erlebt, unzählige Gymnastinnen großgezogen, die ganze Welt gesehen und die Olympischen Spiele in Peking werten dürfen!
Larissa Drygala
Es war eine tolle Zeit, zusammen mit meiner Mutter und den Teams vom Bundesstützpunkt, Bremen 1860 und den Nationalmannschaften.
Zum Glück bleiben keine Wünsche übrig, außer dass ich der RSG in Paris im nächsten Jahr eine Medaille gönnen würde und hoffe, dass sich das Bremer RSG-Team noch eine Weile erfolgreich und mit viel Teamgeist beweisen kann.
Die, die in ihrem Leben immer mit offenem Visier gekämpft hatte, musste sich geschlagen geben. Larissa Drygala ist im Alter von 56 gestorben. Sie war das Herz und die Stimme der Rhythmischen Sportgymnastik in Bremen und ihr Name wird untrennbar mit dieser verbunden bleiben.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 19. August 2023, 7:30 Uhr