Wie Daniela Klette eine Wohnung im Bremer Viertel mietete

Klette wohnte zeitweise als Untermieterin im Bremer Viertel

Bild: dpa | Focke Strangmann

Am fünften Verhandlungstag im Prozess gegen Klette sagte ein Zeuge aus, der ihr seine Wohnung in Bremen vermietete. Über drei Jahre hat sie offenbar immer wieder dort gelebt.

Er war beruflich viel unterwegs in den Jahren 2012 bis 2016, so erzählt es der Zeuge an diesem Verhandlungstag vor dem Landgericht Verden. Seine Wohnung in Bremen wollte er aber unbedingt behalten. 32 Quadratmeter mitten im Viertel, Hochparterre, Bad im Keller. Untervermietung erschien ihm da eine gute Lösung zu sein. Und so war er froh, als sich auf sein Inserat am Schwarzen Brett auf "bremen.de" eine freundliche Dame mittleren Alters meldete.

Sie stellte sich als Sarah Lopez vor. Yoga wollte sie in Bremen machen, mal eine Auszeit nehmen, so erinnert sich der 57-Jährige. Die Dame zahlte in bar, war ordentlich, kümmerte sich um die Zimmerpflanzen und seine Post. "Sie war eine unkomplizierte Untermieterin", so der Zeuge.

Klette nannte sich Sarah Lopez

Dass Sarah Lopez in Wahrheit Daniela Klette hieß und als frühere mutmaßliche RAF-Terroristin eine der meistgesuchten Personen Deutschlands war, darauf wäre er im Leben nicht gekommen, sagt er. Und als Ermittler des Landeskriminalamts Niedersachsen ihn später dazu befragten, sei er "aus allen Wolken gefallen".

Nun sitzen sich der Mann und seine ehemalige Mieterin gegenüber, sie trennen nur wenige Meter und eine Panzerglasscheibe, hinter der die Angeklagte hier im Hochsicherheitssaal in Celle sitzt. Bis das Landgericht Verden einen passenden Saal umgebaut hat, tagt die Große Strafkammer bis Ende Mai hier.

Die Anklage wirft Klette 13 Überfälle vor

Klette ist angeklagt wegen versuchten Mordes und insgesamt 13 Raubüberfällen. Damit soll sie sich zusammen mit ihren mutmaßlichen Mittätern Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub das Leben im Untergrund finanziert haben. Die linksextremistische Terrororganisation "Rote Armee Fraktion", kurz RAF, hatte sich 1998 aufgelöst, ein Jahr später begannen die Raubüberfälle.

Laut Anklage hat das Trio im Dezember 2012 einen Supermarkt in Stade überfallen, im August 2014 einen in Elmshorn und im Januar 2015 einen in Osnabrück. Im Juni 2015 schließlich scheiterte ein Überfall auf einen Geldtransporter auf einem Supermarkt-Parkplatz in Groß Mackenstedt, Gemeinde Stuhr. Wurden alle diese Überfälle von Bremen aus geplant?

"Esoterische Frau mittleren Alters"

Daniela Klette, ehemalige RAF Terroristin, steht zu Beginn eines weiteren Prozesstages zwischen ihren Anwälten.
Vor Beginn der Verhandlung im Gerichtssaal: Die Angeklagte mit ihren Anwälten. Bild: dpa/ Focke Strangmann

Während ihr damaliger Vermieter aussagt, hört Klette interessiert zu. Der Zeuge erzählt davon, wie man sich bei Schlüsselübergaben noch auf einen Tee zusammensetzte – auf seinem alten Sofa, auf dem man die Sprungfedern spüren konnte. Sympathisch sei sie ihm gewesen. Er habe von sozialen und inklusiven Projekten erzählt, an denen er gearbeitet habe, und das habe sie interessiert, um Politik sei es aber nie gegangen.

Säße sie hier nicht in einem Hochsicherheitssaal, wären da nicht die Richterinnen und Richter, das Wachpersonal und die Presse, man würde Daniela Klette sofort für die völlig harmlose "esoterisch angehauchte Frau mittleren Alters" halten, als die sie der Zeuge damals wahrgenommen hat.

Menschen, auf die diese Beschreibung zutrifft, gibt es im Bremer Viertel zuhauf. Dass so jemand hier ebenso wenig auffällt wie in Berlin-Kreuzberg, überrascht nicht.

Klette war offenbar schon 2012 in Bremen

Und die Aufenthalte von Daniela Klette in Bremen waren wohl deutlich länger und häufiger als bisher angenommen. In der Anklage war von Sommer 2014 bis Herbst 2015 die Rede. Die Chatnachrichten, die der Mann und Sarah Lopez austauschten deuten aber darauf hin, dass Daniela Klette schon deutlich früher in Bremen war.

Die erste Nachricht die aktenkundig ist, stammt vom 16. März 2013. Sie wird an diesem Verhandlungstag verlesen: "Ich habe eine neue Nummer", schreibt Sarah Lopez da. "Ab Dienstag sind mein Freund und/oder ich wieder da." Offenbar waren die beiden bereits miteinander vertraut – und Sarah Lopez alias Daniela Klette war zuvor schon einmal in der Wohnung gewesen.

Nutzten auch Staub und Garweg die Wohnung?

Die Bremer Wohnung von Daniela Klette.
In diesem Haus im Bremer Viertel soll Daniela Klette mehrmals eine Wohnung gemietet haben. Bild: Radio Bremen

Es könne gut sein, dass die erste Vermietung schon im Herbst 2012 stattfand, vermutet der Zeuge auf Nachfrage der Verteidigung. Bei wem es sich um den Freund gehandelt habe, wisse er nicht. Aber es sei immer mal wieder von Männern die Rede gewesen, die sich in der Wohnung aufgehalten hätten. Einmal schrieb Lopez ihm, als er vorbeikommen wollte: "Eventuell ist dann der Stefan da."

War das einer ihrer mutmaßlichen Komplizen? Burkhard Garweg? Oder Ernst-Volker Staub? Nutzten sie die Wohnung ebenfalls, um mögliche Tatorte auszukundschaften? Er habe keinen der Männer gesehen, sagt der Zeuge.

Klette fühlte sich offenbar sicher

Im Februar 2016 nutzt Daniela Klette alias Sarah Lopez wohl zum letzten Mal die Wohnung. In einer Chatnachricht vom 16. Februar 2016 schreibt er: "Bin etwas spät dran." Sie antwortet: "Sitze schon im Café."

Getroffen habe man sich in einem beliebten Café an der Straße Vor dem Steintor, mitten im Viertel. Erst drei Wochen vorher wurde bei "Aktenzeichen XY" nach Klette und ihren mutmaßlichen Mittätern öffentlich gefahndet. Wegen des Raubüberfalls in Stuhr. Die Ermittler waren ihnen auf den Fersen. Daniela Klette war sich aber offenbar sicher, dass niemand sie erkennen würde.

  • Erster Zeuge sagt im Klette-Prozess zu Überfall in Stuhr aus

    Der Fahrer eines Geldtransporters hat im Prozess gegen Daniela Klette ausgesagt. Reporter Sebastian Manz erklärt die Details zu dem zehn Jahre zurückliegenden Überfall im Studio.

Autor

  • Steffen Hudemann
    Steffen Hudemann Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. April 2025, 19.30 Uhr