Fragen & Antworten
So wollen Grundschüler die Jugendfarm in Bremen-Habenhausen retten
Hunderte Kinder demonstrieren heute in Bremen. Sie setzen sich für die Kinder- und Jugendfarm Habenhausen ein. Warum bestimmte Angebote vor dem Aus stehen und viele sie wichtig finden.
Bei dem Protestzug durch Bremens Straßen geht es um die Kinder- und Jugendfarm Habenhausen. Die Grundschüler wollen, dass die Angebote dort erhalten bleiben.
Auf der Farm können Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil Tiere füttern, streicheln, spielen und an Umweltprojekten und Aktionen teilnehmen. Es gibt aber auch Angebote für Schulen, Kindergärten und ein Ferienprogramm für Familien. Bisher wurde die Farm hauptsächlich aus Geldern der offenen Jugendarbeit finanziert. Das Geld für die offene Jugendarbeit wurde nun, verteilt auf drei Jahre, um insgesamt 25 Prozent gekürzt.
Insgesamt beläuft sich die Kürzung auf circa 70.000 Euro. Und hierbei sind keine gestiegenen Bedarfe berücksichtigt.
Jutta Weber, Leiterin der Stadtteilfarm
Jetzt ist also unklar, wie einige Angebote der Farm weiter finanziert werden können. Wir klären die wichtigsten Fragen.
So sieht es auf der Kinder- und Jugendfarm Habenhausen aus
Welche Angebote sind das denn?
Vor allem für die Angebote für die Schulen ist die Finanzierung unklar. Sie haben dort Projekttage und Klassen gehen auch regelmäßig in der Unterrichtszeit auf die Farm. Wenn die Kürzungen nicht anders finanziert werden, könnten diese Angebote wegfallen. Deshalb gehen die Grundschüler auf die Straße.
Es ist ein Unterrichtsgang mit Meinungsäußerung. Wir sind nicht gegen, wir sind für etwas. Wir wollen hier unbedingt mit unseren Schülern weiter zu der Farm hingehen. Wir wollen uns dafür stark machen, dass das Angebot für uns Schulen erhalten bleibt.
Sabine Haase, Lehrerin von der Grundschule Stichnathstraße in Kattenturm
Warum wurden denn die Gelder für die Farm gekürzt?
Das Geld von der Sozialbehörde für die offene Jugendarbeit bekommt jeder Stadtteil und verteilt es an die einzelnen Einrichtungen. Die Kriterien sind zum Beispiel, wie viele Kinder in dem Ortsteil wohnen. Im ganzen Stadtteil Obervieland bekam bisher die Kinder- und Jugendfarm einen größeren Anteil des Geldes, andere Einrichtungen wie zum Beispiel der Funpark in Kattenturm bekamen weniger. Das soll nun ausgeglichener im gesamten Stadtteil Obervieland verteilt werden.
Und das Sozialressort möchte die Angebote für die Schulen nicht mehr bezahlen. "Wenn die Bildungsbehörde weiterhin diesen Lernort für die Schulen haben möchte, dann muss sie ihn auch finanzieren", sagt Bernd Schneider, Pressesprecher des Sozialressorts.
Und was sagt die Bildungsbehörde dazu?
Die sagen, dass sie das Angebot der Kinder- und Jugendfarm sehr schätzen und erhalten möchten. Die Zuständigkeit für die Finanzierung sehen sie aber bei der Sozialsenatorin. "Wir wissen, was für tolle Angebote die Farm macht und welche Bedeutung sie für den Stadtteil hat. Insgesamt ist uns wichtig, dass diese Angebote beibehalten werden", sagt Maike Wiedwald, Pressesprecherin des Bildungsressorts.
Für die außerschulischen Lernorte verweist sie auf den Topf "souveräne Verstärkungsmittel für die Schulen", der kürzlich von der Senatorin für Bildung geschaffen wurden. Mit diesen Geldern könnten insbesondere die Grundschulen eigenständig Projekte finanzieren.
Ob die Bildungsbehörde neben diesen Projektgeldern auch einer dauerhaften Finanzierung der Stadtteilfarm zustimmt, das ist derzeit noch unklar.
Warum sind solche Stadtteilfarmen denn so wichtig?
Das besondere an den Stadtteilfarmen – es gibt mehrere in Bremen – ist das Naturerlebnis in der Stadt. Tiere füttern und pflegen, Gemüse- und Obst anbauen, Brot backen und sich um Bienen kümmern, sind nur einige der Aktionen, die die Kinder auf den Farmen erleben "Viele von unseren Schülern kennen so etwas von zu Hause gar nicht, die haben keinen Garten und haben kaum Berührung zur Natur und zu Tieren", sagt Lehrerin Sabine Haase.
Sie kommt regelmäßig mit ihren Schülerinnen und Schülern auf die Farm und schätzt die Lebens- und Lernerfahrungen, die sie dort machen.
Auch im Sozialverhalten, der respektvolle Umgang mit den Tieren und der Natur, das besprechen wir auch im Klassenraum, können es aber so lebensnah nicht vermitteln. Da würde ganz viel verloren gehen, wenn wir diese Möglichkeit nicht mehr hätten.
Sabine Haase, Lehrerin von der Grundschule Stichnathstraße in Kattenturm
Und wie geht es jetzt weiter? Muss die Farm eventuell schließen?
Nein, schließen muss die Farm nicht. Aber einzelne Bereiche, zum Beispiel die Angebote für die Schulen, könnten nicht mehr in dem Umfang angeboten werden, wenn das Geld weiter fehlt.
Jutta Weber von der Stadtteilfarm ist vorsichtig optimistisch "Die Kürzungen sind schrittweise, das gibt uns etwas Zeit, uns bei der Finanzierung neu aufzustellen und das Amt für Soziale Dienste unterstützt uns dabei. Aber es möchte die außerschulischen Lernorte und die Angebote für Schulklassen nicht mehr finanzieren", sagt sie.
Als gutes Zeichen wertet Jutta Weber, dass es mit den Beteiligten Gespräche gibt. "Was rauskommt ist noch offen, aber es wurde uns klar signalisiert, dass die Farm für Bremen eine wichtige Institution ist. Die Kürzungen sind durch, sie treffen uns hart, aber jetzt muss nach vorne geschaut werden."
Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, Die Vier am Morgen, 24. Februar 2022, 09:15 Uhr