Fragen & Antworten

Was Bremer Patienten davon haben, wenn Hausärzte mehr Geld bekommen

Arztpraxis: Ein älterer Patient im Gespräch mit seinem Hausarzt

Mehr Geld für Bremer Hausärzte? Alte Ampel bringt Gesetz auf den Weg

Bild: Imago | Jochen Tack

Damit Hausärzte mehr Geld verdienen können, haben sich SPD, FDP und Grüne auf ein Gesetz geeinigt. Damit schaffen sie Hausärzte-Budgets ab. Was heißt das für Bremer Patienten?

Es ist nur ein kleiner Teil dessen, was sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unter seinem sogenannten "Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz" vorgestellt hatte. Allerdings ein Teil, auf den sich SPD, Grüne und FDP kürzlich doch noch haben einigen können: Mit den Stimmen der ehemaligen Ampel-Koaltion schafft der Bund noch vor der Neuwahl am 23. Februar die Budgetierung für Hausärzte ab.

Voraussichtlich in der Nacht zu Freitag, 31. Januar, kommt die abgespeckte Fassung von Lauterbachs Gesetz zur Abstimmung in den Bundestag. Der Gesundheitsausschuss hat am Mittwoch bereits zugestimmt.

Hausärzte-Beruf soll attraktiver werden

Das Gesetz soll es Hausärzten, die viel arbeiten, ermöglichen, mehr Geld zu verdienen. Das soll den Beruf des Hausarztes attraktiver machen und somit für mehr Hausärzte sorgen. Wie aber beurteilen Bremer Ärzte und die Patientenberatung den Schritt? buten un binnen hat sich umgehört.

Worauf zielt das neue Gesetz aus welchem Grund ab?

Zur Zeit gibt es für alle Vertragsärzte (umgangssprachlich "Kassenärzte") eine Honorar-Obergrenze, ein Budget, das nach einem komplizierten Schlüssel berechnet wird. Überzieht ein Arzt sein Budget, weil er beispielsweise besonders viele Patienten versorgt, so bekommt er die Kosten dafür oft nicht von den Krankenkassen erstattet. Christoph Fox, Sprecher der KV Bremen, spitzt diesen Sachverhalt mit den Worten zu: "Je fleißiger ein Arzt ist, desto weniger Geld bekommt er." Zumindest die Mehrarbeit, die er leiste, werde nicht bezahlt.

Das neue Gesetz soll diese Ungerechtigkeit ausräumen, zumindest bei den Hausärzten. Der Hintergrund: Es mangelt vielerorts in Deutschland an Hausärztinnen und Hausärzten, wohingegen es mit anderen Fachärzten, beispielsweise Kardiologen, mancherorts eine Überversorgung gibt.

Daher versucht die Politik, den Beruf des Hausarztes im Vergleich zu anderen Fachdisziplinen aufzuwerten, damit sich wieder mehr Mediziner dafür entscheiden, Hausarzt zu werden. Im Land Bremen mangelt es vor allem in Bremerhaven an Hausärzten, aber beispielsweise auch in ärmeren Bremer Wohngegenden wie Gröpelingen, Huchting und Tenever, sagt Edeltraud Paul-Bauer, Vorständin des Gesundheitsladens Bremen.

Was sagen Hausärzte und die Kassenärztliche Vereinigung zu dem neuen Gesetz?

Sie finden es gut, machen aber Einschränkungen. KV-Bremen-Sprecher Christoph Fox bezeichnet die Novelle als "folgerichtig angesichts eines sich zuspitzenden Ärztemangels". Allerdings fordere die KV nicht nur eine Entbudgetierung für Hausärzte, sondern für alle Ärzte.

Holger Schelp, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands Bremen, sagt: "Deutliche Mehrarbeit wird auch bezahlt werden." Insofern dürften gerade solche Hausärztinnen und Hausärzte von der Novelle profitieren, die sehr viele Patientinnen und Patienten behandeln.

Schelp merkt aber auch an: "Durch die Entbudgetierung kommt nicht nennenswert mehr Geld ins System." Man müsse abwarten, wie sich das Gesetz in der Praxis auswirkt.

Porträt von Edeltraud Paul
Patientenberaterin Edeltraud Paul-Bauer erhofft sich von der Entbudgetierung der Hausärzte kleine Verbesserungen. Für große Veränderungen aber müsse noch mehr passieren, sagt sie. Bild: privat

Was haben Patientinnen und Patienten von dem neuen Gesetz?

Schelp kann sich vorstellen, dass das Gesetz zu einer besseren hausärztlichen Versorgung beiträgt. Denn es mache den Beruf des Hausarztes aufgrund besserer Verdienstmöglichkeiten attraktiver. Wer als Hausarzt ausscheide, finde eventuell etwas leichter einen Nachfolger als dies derzeit der Fall sei.

Genau das hofft auch Edeltraud Paul-Bauer vom Gesundheitsladen Bremen, der eine unabhängige Patienberatung anbietet. Paul-Bauer weist darauf hin, dass Hausärzte im Vergleich zu anderen Fachärzten meist weniger Geld verdienen.

Da sie zudem dazu verpflichtet seien, Hausbesuche zu machen, was zeitaufwändig, mühsam und nicht sehr einträglich sei, seien Hausarzt-Niederlassungen längst nicht so gefragt wie etwa die Niederlassungen anderer Allgemeinmediziner. Das neue Gesetz könne ein erster Schritt in die richtige Richtung hierzu sein. Darüber hinaus fordert sie von der Kassenärztlichen Vereinigung, dass diese ihre Versorgungspläne kleinteiliger ausgestaltet, um dem Ärztemangel speziell in armen Stadtteilen entgegen zu wirken.

Gleichzeitig sei ein Umdenken in der Gesellschaft erforderlich: "Einige Menschen haben eine irritierende Anspruchshaltung", erklärt Paul-Bauer. Sie gingen mit jeder Kleinigkeit zum Arzt und erwarteten dort eine umfassende, zeitaufwändige Versorgung. Damit seien nicht nur die ohnehin überlasteten Hausärzte überfordert, sondern das ganze Gesundheitssystem.

Eine Ärztin füllt an einem Schreibtisch Papier aus (Symbolbild)
Ein Grund dafür, dass viele Hausärzte überlastet sind, liegt auch in der zunehmenden Bürokratie, die sie bewältigen müssen. Bild: dpa | NurPhoto/Klaudia Radecka

Der Bund hat das feste Budget für Kinderärzte bereits 2023 abgeschafft. Was für Erfahrungen haben die Kinderärzte im Land Bremen mit der Entbudgetierung gemacht?

Grundsätzlich gute, sagt Torsten Spranger aus dem Bremer Landesvorstand des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Die Kinderärztinnen und Kinderärzte könnten jetzt mehr Patientinnen abrechnen als zuvor. Im Land Bremen hätten sie ihre Umsätze dadurch um durchschnittlich vier bis sechs Prozent gesteigert.

Spranger betont aber auch: "Die Lage hat sich nicht grundlegend geändert." Das liege daran, dass die Ärztinnen und Ärzte auch ohne gedeckeltes Budget weiterhin nach Versorgungspauschalen abrechnen müssten.

Das heißt: Für Patientinnen und Patienten, die nur einmal oder zweimal pro Quartal erscheinen, bekommt ein Arzt unter Umständen ebenso viel Geld wie für solche, die chronisch krank sind, häufig kommen und für die – beziehungsweise für deren Eltern – der Arzt viel Beratungszeit erübrigen muss.

"Immer mehr Eltern kommen mit sozialen Problemen ihrer Kinder zu uns", sagt Spranger. Zwar würden die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen diesen Eltern gern helfen.

Aber wir wollen für das bezahlt werden, was wir machen.

Torsten Spranger, Mitglied des Landesvorstand des Bremer Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ)

Die Kinderärzte fordern daher, dass der Bund auch die Versorgungspauschalen abschafft.

Im Übrigen schließt sich Spranger Patientenberaterin Paul-Bauer an: Politik und Gesellschaft müssten Wege finden, um soziale Probleme besser aufzufangen. Dass die Menschen damit in die Arztpraxen zu ihren Ärzten kämen, sei auf Dauer keine gute Lösung. Ohnehin müsse die Gesellschaft lernen: "Die Leistungen, die wir, die das Gesundheitssystem anbieten können, sind begrenzt." Es werde Zeit, dass auch die Politik diese Botschaft vermittele.

Hausärztemangel: Darum ist die Lage in Bremerhaven besonders schwierig

Bild: Radio Bremen

Autorinnen und Autoren

Quellen: buten un binnen und dpa.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Nachmittag, 20. Januar 2025, 16 Uhr