Interview
Früh aufstehen, lange schuften: Arbeiten auf dem Bremer Wochenmarkt
Schon als Kind verkaufte sie Ananas auf dem Bremer Wochenmarkt: Frances Pischel, Sprecherin des Markts am Domshof, berichtet von ihrer Arbeit im Herzen Bremens.
Frau Pischel, wie sieht so ein Arbeitstag auf dem Wochenmarkt aus?
Wir stehen um kurz vor vier auf und sind dann um fünf Uhr auf dem Wochenmarkt mit unserem Verkaufsanhänger. Der Markt beginnt zwar erst um acht, aber das Aufbauen dauert länger und die ersten Kunden kommen auch schon früher.
Um 14 Uhr räumen wir ein und fahren meist um kurz nach 15 Uhr zum Großmarkt, von dem wir unsere Waren auch beziehen. Dort haben wir einen separaten Lagerplatz in einem Kühlwagen, der unsere Waren auf null Grad herunterkühlt, damit nichts verdirbt.
Zu Hause sind wir nicht vor 16 Uhr und dann fallen ja auch noch Büroarbeiten und Vorbereitungen für den nächsten Tag an. Es ist eine körperlich anstrengende Arbeit, die aber auch viel Spaß macht.
Was mögen Sie an Ihrer Arbeit?
Die Kunden! Viele kennen mich, seitdem ich klein bin. Ich bin eigentlich auf dem Wochenmarkt groß geworden. So gesehen bin ich auf die Welt gekommen und gleich auf dem Markt gewesen. Als achtjähriges Mädchen hatte ich schon einen großen Ananas-Stand und habe es alleine geschafft, eine ganze Palette Ananas zu verkaufen! Mich sprechen Kunden bis heute noch darauf an.
Es ist auch einfach toll, wenn man alles aufgebaut hat, das Lächeln der Kunden zu sehen, die sagen: "Das haben Sie aber alles schön gemacht!“ Oder auch die Rückmeldung von Touristen aus anderen Städten, die dann sagen, dass sie so etwas auch gerne auf ihrem Wochenmarkt hätten.
Und was gefällt ihnen nicht so gut auf dem Markt?
Im Winter ist es natürlich kalt, deswegen machen wir in dieser Zeit immer drei Wochen Urlaub. Wir können unseren Verkaufsanhänger zwar zumachen, sodass es warm ist und nicht friert. Trotzdem kann die Arbeit ungemütlich sein. Zumal es zwischen Dom und Rathaus fast schon wie eine Windhose durchzieht, wenn es windet und regnet. Es gibt leider auch wegen der Arbeitsbedingungen immer weniger Händler. Das frühe Aufstehen, jeden Samstag, man hat nie ein Wochenende frei, im Winter frieren: Das will keiner mehr machen.
Wie läuft das Geschäft auf dem Wochenmarkt?
Jetzt im Winter läuft es natürlich sehr viel schlechter. Man sagt auf dem Markt, die Saison hört auf, wenn der erste Rosenkohl kommt und beginnt, wenn der Rosenkohl wieder weg ist. Wenn man jetzt das Jahr im Durchschnitt nimmt, haben wir aber immer gutes Geld verdient. Meine Familie macht das jetzt seit 38 Jahren. Es geht einem also nicht schlecht, es ist aber auch viel Arbeit – so etwa 70 bis 80 Stunden pro Woche. Was das für ein Stundenlohn im Jahresdurchschnitt wäre, kann ich nicht berechnen.
Wer besucht den Wochenmarkt denn so?
Die Kunden haben sich geändert. Die Stammkunden sind zu 70 Prozent verstorben. Das sind die alten Leute gewesen. Da kommen zwar auch neue nach, aber eben nicht mehr so viele wie vor 20 Jahren. Das liegt aber auch daran, dass die Innenstadt tot ist.
Früher war die Lloyd-Passage bis zum Rand voll und die Leute kamen noch vorbei und haben sich auf dem Weg zum Büro morgens noch Äpfel und Birnen gekauft. Heute kommen noch die Touristen. Die nehmen mal eine Schale Erdbeeren mit, aber die würden nie ein Kilo Kartoffeln oder Blumenkohl kaufen. Es kommen auch immer noch Kunden, die hier ihren Einkauf machen, aber die kommen nur noch wegen des Marktes in die Innenstadt und fahren auch direkt wieder nach Hause.
Liegt das auch an der Konkurrenz durch die Discounter?
Auf jeden Fall. Die Discounter wurden jahrelang immer unterschätzt. Dabei sind die mittlerweile aber auch sehr gut. Nur bei den Saisonartikeln hinken sie den Wochenmärkten noch hinterher. Spargel, Pfifferlinge, Steinpilze, Erdbeeren schmecken frisch vom Bauern einfach nochmal besser.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. November 2024, 19.30 Uhr