Interview
Fridays for Future: "Maßnahmen gegen Klimaaktivisten werden rigider"
Die neu gegründete Bremer Gruppe von Fridays for Future geht mit anderen Klimaaktivisten weltweit auf die Straße. Sie sieht sich als Teil einer Bewegung unterschiedlicher Gruppierungen.
Kein Vierteljahr ist es her – da schien Fridays for Future in Bremen Geschichte zu sein. Die Bremer Ortsgruppe der Klimaschutzbewegung hatte sich aufgelöst. Doch binnen weniger Wochen bildete sich eine neue Gruppe, legte Mitte Juli los. Sie ruft für Freitag, 15. September, zum Klimastreik in Bremen auf, genauer: zum Bremer Beitrag am Globalen Klimastreik.
Paul-Nikos Günther, 20, möchte dieses Jahr das Abitur an der Wilhelm-Wagenfeld-Schule in Huchting machen und zählt zum Kern der neuen Bremer Ortsgruppe von Fridays for Future. buten un binnen hat mit Günther über Fridays for Future Bremen und über Klimaschutz-Proteste im Allgemeinen gesprochen.
Fridays for Future Bremen war schon verschwunden. Jetzt sind Sie auf einmal da und rufen gemeinsam mit Students For Future, der BUND Jugend, der NABU Jugend, der Grünen Szene und Ende Gelände Bremen zum Klimastreik auf. Was glauben Sie: Wie viele Menschen werden Ihrem gemeinsamen Aufruf folgen?
Das ist natürlich schwer für uns vorherzusagen. Aber wir hoffen, dass sich viele Menschen am Klimastreik beteiligen werden – gerade weil wir zusammen mit einem breiten Bündnis auf die Straße gehen. Daher sage ich mal ganz vorsichtig: Wir gehen von Tausenden aus, die sich an der Demo beteiligen werden.
Bremens frühere Ortsgruppe von Fridays for Future galt als etwas eigensinnig. Wollen Sie grundsätzlich stärker auf Kooperationen setzen?
Ja. Bündnisarbeit war von Anfang an einer unserer Schwerpunkte als Ortsgruppe. Wir suchen das Gespräch mit den anderen Klimagerechtigkeitsgruppen in Bremen. Wir haben auch diese Demonstration von Anfang an im Bündnis organisiert und tragen alle Aufgaben, die damit zu tun haben, als Bündnis. Wir sind auch mit der Gewerkschaft Verdi und mit den Vertrauensleuten der Bremer Straßenbahn ins Gespräch gegangen, um auch mit ihnen ein Bündnis zu knüpfen. (Anmerkung der Redaktion: Die BSAG unterstützt den Klimastreik mit einem Bus, der etwa schwerbehinderten und geschwächten Menschen ermöglicht, an der Demo teilzunehmen. Für Verdi bringt sich Gewerkschaftssekretär Franz Hartmann mit einem Redebeitrag beim Klimastreik ein.)
Die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften ist uns deshalb so wichtig, weil für uns klar ist, dass die Frage nach klimagerechten Lösungen immer auch eine Frage nach gerechten Arbeitsbedingungen ist. Wir können nur gemeinsam die vielen großen Veränderungen angehen, die es umzusetzen gilt.
So ziehen die Demonstranten zum Klimastreik in Bremens Innenstadt
In Den Haag hat die Polizei kürzlich rund 2.400 Klimaaktivisten nach einer Autobahnblockade vorübergehend festgenommen. Es handelte sich dabei um Anhänger der Gruppe Extinction Rebellion. Wie steht Fridays for Future Bremen zu diesen Vorgängen?
Wir beobachten seit Monaten, wie weltweit die Maßnahmen gegen Klimaaktivisten rigider werden, auch in Deutschland. Ich denke da etwa an Gewalt gegen Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzen Generation". Wir können das nur aufs Schärfste verurteilen. Es zeigt uns, wie angespannt die Lage ist, und wie verzweifelt Regierungen versuchen, Probleme auszusitzen, statt den Wandel, der so notwendig ist, zu ermöglichen.
Extinction Rebellion gilt als ziemlich radikale Klimaschutz-Gruppe. Können Sie sich trotzdem vorstellen, auch mit Extinction Rebellion zu kooperieren?
Ich kann nicht für alle in der Fridays for Future-Bewegung sprechen. Grundsätzlich wählen wir andere Aktionsformen als Extinction Rebellion, um unseren Forderungen Gehör zu verschaffen. Aber: Die Klimakrise eskaliert. Wir leben in einer Zeit, in der bereits Menschen unmittelbar unter den Folgen des Klimawandels leiden, ihre Lebensgrundlagen oder gar ihr Leben verlieren. Daher werden alle Formen des zivilen Ungehorsams immer wichtiger, sie werden einen immer größeren Teil bei den Protesten einnehmen.
Dass wir als Friday for Future unseren Schwerpunkt auf Massendemonstrationen legen, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Strategien anderer Klimagerechtigkeits-Bewegungen schlechter sind. Die Proteste von Extinction Rebellion in den Niederlanden waren vollkommen friedlich. Die Aktivisten haben eine Straße blockiert, aber keine Gewalt angewendet oder gar jemanden verletzt. Es ist gut, dass die Pluralität an Klimagerechtigkeits-Bewegungen so groß ist.
Die neue Bremer Ortsgruppe von Fridays for Future ist noch eine sehr junge Klimagerechtigkeits-Bewegung. Wie ist sie aufgestellt, wie stellen Sie sich die Zukunfts von Fridays for Future Bremen vor?
Wir sind nicht nur eine junge Ortsgruppe, sondern setzen uns zum Großteil auch aus sehr jungen Menschen zusammen, die, wie ich, noch zur Schule gehen. Der Kern besteht aus etwa 15 Leuten. Ich glaube, dass wir auch künftig eine Bewegung sein werden, die vor allem von Schülern getragen wird. Aber natürlich sind nicht nur Schüler bei uns herzlichen willkommen, sondern alle Menschen. Tatsächlich betrifft ja auch das Klima uns alle.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 15. September 2023, 6 Uhr