Städte verbannen Kreuzliner – darum will Bremerhaven trotzdem zulegen
Die Kreuzfahrtbranche in Bremerhaven ist nach Corona wieder in Gang gekommen – und soll künftig weiterwachsen. Andernorts werden die Schiffe derweil aus Städten verbannt.
Kürzlich sorgte die Meldung für Aufsehen, dass Amsterdam Kreuzfahrtschiffe aus der Innenstadt verbannen will. Denn die Stadt leidet unter den Massen an Touristen, die direkt vom Schiff ins Zentrum strömen. Auch in Bremerhaven gibt es ein Kreuzfahrtterminal und auch dort bringt der Kreuzfahrttourismus vor allem im Sommer viele Gäste in die Stadt. Trotzdem ist die Lage nicht vergleichbar: Kreuzfahrtschiffe sind hier willkommen.
Bei den Hafenrundfahrten, im Klimahaus oder im Zoo: In den Sommerwochen und -tagen ist viel Andrang in Bremerhaven. Besonders dann, wenn kurz darauf ein großes Kreuzfahrtschiff ablegt. Hört man sich unter den Besuchern um, bestätigt sich dieses Bild. "Morgen geht es auf große Kreuzfahrt und wir dachten, wir möchten das schöne Bremerhaven kennenlernen und haben das als Anlass genommen, auch hier mal zwei schöne Tage zu verbringen", sagt ein Tourist. "Wir sind von Bremerhaven eigentlich sehr begeistert, wir waren auch im Deutschen Auswandererhaus, die Zeit haben wir uns genommen", ergänzt eine Besucherin.
Bremerhaven: Bis zu 250.000 Kreuzfahrt-Touristen in 2023
Der Leiter des Bremerhavener Wirtschaftsreferats, Ralf Meyer, freut sich über die vielen Besucherinnen und Besucher in der Stadt durch die Kreuzfahrten.
Es sind schon einige Tausend Menschen, die dann hier durch Bremerhaven gehen und es kennenlernen wollen. Und das merken wir schon sehr deutlich.
Ralf Meyer, Wirtschaftsreferat Bremerhaven
Rund 250.000 Kreuzfahrt-Touristen könnten in diesem Jahr am Bremerhavener Columbus Cruise Center ein- oder aussteigen, schätzt Meyer. Auf 20 Millionen Euro schätzt er die Wertschöpfung, die dadurch in der Stadt entsteht. Restaurants, Einzelhandel und Hotels profitierten mit am meisten.
Das sind rund 26.000 Übernachtungen im Jahr, die wir alleine im Vorfeld einer Kreuzfahrt haben. Das heißt, die Gäste kommen nach Bremerhaven, übernachten hier erstmal, essen einen anständigen Teller Fisch und gehen dann entspannt an Bord eines Schiffes.
Ralf Meyer, Leiter Wirtschaftsreferat Bremerhaven
Bremerhaven nicht mit Amsterdam oder Venedig vergleichbar
Doch nicht alle Besucher reisen früher an oder bleiben länger. So auch in Bremerhaven. Manche kommen direkt zum Schiff, andere besuchen Ziele in der Region. Wie stark profitiert die Stadt also wirklich vom Kreuzfahrttourismus? Der Touristik-Professor und Rektor der Hochschule Bremerhaven, Alexis Papathanassis, sagt: Ja, das gesamte Land Bremen profitiere wirtschaftlich. Aber: Die Lage in Bremerhaven sei nicht mit der in Amsterdam, Venedig oder Dubrovnik vergleichbar. Diese Städte haben die Größe oder Zahl der Kreuzfahrtschiffe begrenzt.
Ich glaube, das kann man nicht so richtig vergleichen. Das Problem von Overtourism gibt es in Deutschland kaum. Das Kreuzfahrtterminal ist nicht direkt in der Stadt. Außerdem haben wir hier natürlich nicht so große touristische Volumen, dass das in absehbarer Zeit ein Problem wird.
Alexis Papathanassis, Hochschule Bremerhaven
Nach Amsterdam kommen im Jahr rund 20 Millionen Besucher. Dort machen Kreuzfahrttouristen nur einen kleinen Anteil aus. In Bremerhaven waren es zuletzt gut 400.000 Übernachtungen im Jahr – hinzu kommen zwar noch die Tagesgäste, doch die Dimensionen sind andere.
Umweltfolgen von Schifffahrt in der Diskussion
Überall in der Diskussion sind die Umweltfolgen, die die Schifffahrt generell verursacht: Denn die Pötte stoßen noch immer viele gesundheitsschädliche Rußpartikel und Stickoxide aus. Dorothee Meier vom NABU Bremen fordert, dass Kreuzfahrt-Reedereien ihre Schiffe schnell und flächendeckend umrüsten.
Wenn dieser Tourismus natur- und umweltfreundlich stattfindet, dann spricht nichts dagegen. Dann ist das durchaus vertretbar. Aber das setzt eben voraus, dass die Technik aufgerüstet wird, dass die Schiffe sauberer werden. Damit sie eben Umwelt und Natur nicht so belasten.
Dorothee Meier, NABU Bremen
Teilweise stellen Reedereien tatsächlich schon um. Methanol gilt als grüner Kraftstoff der Zukunft. Und Bremerhaven? Setzt weiter auf Kreuzfahrttourismus. Die Zahl der Gäste soll sogar steigen. Ralf Meyer vom Wirtschaftsreferat hält 300.000 Passagiere im Jahr durchaus für realistisch.
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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 27. Juli 2023, 16:45 Uhr