Zum Welttag des Buches: Diese 5 bekannten Romane spielen in Bremen

Nachbildung der Bremer Stadtmusikanten als lesende Tiere in der Stadtbibliothek Bremen, gestiftet von Paten der Aktion Bremer Leselust
Der Literaturstandort Bremen kann mehr als nur Stadtmusikanten-Märchen. Bild: Imago | Eckhard Stengel

Love-Story ohne Happy End, Streiche ohne Ende, NS-Widerstand: Zum "Welttag des Buches" stellen wir 5 Bremen-Romane vor, die in keinem gut sortierten Bücherregal fehlen dürfen.

In der Literaturgeschichte hat Bremen vor allem dank der Stadtmusikanten seinen festen Platz. Und das, obwohl das tierische Quartett, das in Bremen auf den musikalischen Durchbruch hofft, seinen Zielort nie erreicht hat. Trotzdem ist das Grimm-Märchen weltweit bekannt und beliebt.

Zum "Welttag des Buches" stellen wir fünf Bremen-Romane vor, die ebenfalls weite Kreise in der Welt der Literatur gezogen haben – und im Gegensatz zur Stadtmusikanten-Erzählung garantiert auch in Bremen spielen.

1 Marga Berck: "Sommer in Lesmona"

Buchcover Marga Berck: Sommer in Lesmona
Marga Berck: "Sommer in Lesmona", 192 Seiten, Rowohlt Taschenbuch, Erstveröffentlichung: 1951. Bild: Rowohlt Taschenbuch

Matti ist verliebt. Und zwar in Percy, den das Fräulein in "Haus Lesmona", einem Sommersitz in Bremen-St. Magnus, kennenlernt. Doch die Liebe zwischen der Kaufmannstochter und dem jungen Engländer währt trotz aller Verbundenheit nur einen Sommer lang. Ihr Herzklopfen, ihre Hoffnungen und Enttäuschungen verarbeitet Matti in Briefen an ihre beste Freundin.

Fast 60 Jahre später erscheinen die Briefe unter dem Titel "Sommer in Lesmona". Erst in hohem Alter und nach langem Widerwillen hat Magdalena Pauli, die "echte" Matti, ihrer Veröffentlichung zugestimmt. Der unter dem Pseudonym Marga Berck verlegte Briefwechsel sorgt bei vielen Lesern für Herzschmerz. Auch bei Thomas Mann, der das Buch an "mehreren Abenden mit zunehmender Rührung" liest.

Heute erinnert am Originalschauplatz in Knoops Park sowohl eine Bronzebüste als auch jährlich das gleichnamige Klassik-Open-Air an die Love-Story ohne Happy End.

2 Sven Regener: "Neue Vahr Süd"

Buchcover Sven Regener: Neue Vahr Süd
Sven Regener: „Neue Vahr Süd“, 586 Seiten, Eichborn Verlag, Erstveröffentlichung: 2004. Bild: Eichborn Verlag

Frank Lehman hat Mist gebaut: Er hat vergessen zu verweigern. Obwohl er "mehr so der Hippie-Typ" ist, muss "Franky" nun zur Bundeswehr. Freigang hat er nur an den Wochenenden, die er in seiner bremischen Heimat verbringt. Nicht jedoch in der Neuen Vahr Süd, wo er aufgewachsen, aber in der elterlichen Wohnung mittlerweile unerwünscht ist, sondern im Ostertorviertel. In einer Chaos-WG, in der es von zerstrittenen Mitbewohnern, Gerümpel und verpeilten Punks nur so wimmelt.

In "Neue Vahr Süd“ erzählt Sven Regener die urkomische Vorgeschichte seines Erfolgsromans "Herr Lehmann". Vor allem aber zeichnet der "Element of Crime"-Sänger den bremischen Aufbruch in die 1980er-Jahre nach. Eine Zeit, in der Studenten die Weltrevolution planten, Hausbesetzer und Kulturschaffende das Viertel entdeckten und ein Bundeswehr-Gelöbnis im Weser-Stadion in eine Straßenschlacht ausartete. Immer zwischen den Fronten: "Franky" Lehmann, der am liebsten eines tut – nämlich über so ziemlich alles, was mehr oder minder von Belang ist, nachzudenken.

3 Hermann Bote (vermutlich): "Till Eulenspiegel"

Buchcover "Till Eulenspiegel"
Hermann Bote: „Till Eulenspiegel“, 357 Seiten, Insel Verlag, Erstveröffentlichung: 1510. Bild: Insel Verlag

Till Eulenspiegel ist ein Tausendsassa, wie er im Buche steht: schlagfertig, gewitzt, scharfsinnig. Seine Talente nutzt der Spaßmacher, um seinen Mitmenschen mit Streichen den spöttischen Spiegel vorzuhalten.

Vier seiner Schelmenstücke verübt Eulenspiegel in Bremen: So prellt er am Markttag die Milch-Zeche, woraufhin sich die geprellten Bäuerinnen eine Schlägerei liefern. Zum Lohn für seine Schelmerei lässt er sich von Kaufleuten verwöhnen, zieht sich aber selbst aus der gastgeberischen Verantwortung, indem er ein Butterstück "hinten in seine Kerbe steckt". Auch bringt er eine Marktfrau dazu, ihre Tonkrüge zu zerschlagen, und gewinnt so eine Wette gegen einen Bischof. Und bevor er seiner Wege geht, verteilt er vor dem Rathaus kleine Steine, um "Schälke" zu säen, wenngleich Bremen doch schon reich genug an Narren ist.

Ob es wirklich einen Till Eulenspiegel gegeben hat, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat es aber im 14. Jahrhundert in Braunschweig einen Mann dieses Namens gegeben. Im Jahr 1510 erscheint jedenfalls die erste Eulenspiegel-Sammlung, deren Autor nach allgemeinem Forschungsstand der Zollschreiber Hermann Bote ist.

4 Peter Weiss: "Die Ästhetik des Widerstands"

Buchcover: Peter Weiss-Die Ästhetik des Widerstands
Peter Weiss: „Die Ästhetik des Widerstands“, 1104 Seiten, Suhrkamp-Verlag, Erstveröffentlichung: 1975, 1978 und 1981. Bild: Suhrkamp Verlag

Ein namenloser Widerstandskämpfer muss fliehen. Aus Hitler-Deutschland führt ihn seine Odyssee durch Europa: Über die Tschechoslowakei gelangt der junge Mann nach Spanien, wo er im Bürgerkrieg für die Republik kämpft. Nach ihrer Niederlage zieht er weiter nach Paris, von wo aus er nach Stockholm emigriert – und Jahre später aus der Ferne die Niederschlagung des europäischen Faschismus erlebt.

In seinem fast 1.000 seitigen, teils autobiografischen Wälzer, zeichnet Peter Weiss den Kampf der linken Arbeiterbewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach – sowohl den Kampf gegen den Faschismus als auch gegen die eigenen Genossen. Zehn Jahre werkelt Weiss, der seine Kindheit in Bremen verbracht hat, an seinem Roman-Essay über Widerstand, Widerspruch und Kunst. Eingeflossen in das dreibändige Mammutwerk ist auch die kurze Episode der Bremer Räterepublik: Nach dem Ersten Weltkrieg hatten Arbeiter- und Soldatenräte die Macht in Bremen übernommen. Doch schon bald setzten Regierungstruppen dem sozialistischen Experiment ein blutiges Ende.

5 Ralph Dohrmann: "Kronhardt"

Buchcover: Ralph Dohrmann - Kronhardt
Ralph Dohrmann: "Kronhardt", 928 Seiten, Ullstein Verlag, Erstveröffentlichung: 2012. Bild: Ullstein Verlag

Als einzigem Sohn einer Bremer Kunststickerei-Dynastie ist Willem Kronhardts Werdegang quasi vorgezeichnet: Eines Tages wird er den familiären Thron vom strengen Stiefvater übernehmen und fortan die Geschicke der Manufaktur leiten. Doch anstatt in der Rolle des Familienerbens aufzugehen, genießt Wilhelm lieber die Sonnenseiten des Lebens. Zumal ihm ein Verdacht im Kopf umherschwirrt: Ist sein Vater womöglich gar nicht eines natürlichen Todes gestorben, wie seine Mutter stets behauptete? War es vielleicht doch – Mord?

14 Jahre lang schrieb Ralph Dohrmann an seinem Debütroman. Auf über 900 Seiten lässt der in Bremen aufgewachsene Schriftsteller seinen unangepassten Protagonisten die Höhen und Tiefen der Bundesrepublik erleben. Von den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren und dem Wirtschaftswunder bis zur 68er-Epoche hin zur Nachwendezeit. Sein Mix aus Coming-of-Age-Story, Bildungsbürger-Roman und Detektivgeschichte brachte Dohrmann im Jahr 2013 einen Platz auf der Shortlist des Preises der Leipziger Buchmesse ein.

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