Interview

Gaskanone bis Greifvogel: Wie Bremens Airport Vogelschläge verhindert

Ein Flugzeug von Pegasus Airlines landet hinter einem Vogelschwarm auf einem Flughafen.

Gaskanone bis Greifvogel: Wie Bremens Airport Vogelschläge verhindert

Bild: dpa | Julian Stratenschulte

Nach dem Absturz einer Passagiermaschine in Südkorea wird über Vogelschläge als Ursache spekuliert. Wie Airports dieser Gefahr begegnen, erklärt ein Bremer Experte.

Beim Absturz einer Boeing 737-800 in Südkorea sind am Sonntag 179 Menschen ums Leben gekommen. Die Absturzursache ist noch offen. Allerdings waren die Piloten kurz zuvor vom Tower des Flughafens Muan vor Vögeln in der Umgebung gewarnt worden. Zeugenberichten zufolge soll das Flugzeug kurz vor dem Absturz von einem Vogelschwarm getroffen worden sein, woraufhin Flammen aus einem Triebwerk schlugen.

Um solche Kollisionen zwischen Flugzeugen und Vögeln im Luftraum zu verhindern, gibt es hierzulande den in Bremen ansässigen Deutschen Ausschuss zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr (DAVVL). Dessen Geschäftsstellenleiter Christian Hellberg erklärt, mit welchen Methoden Bremen und andere deutsche Flughäfen die schlimmsten Kollisionen zwischen Maschinen und Tieren vermeiden.

Herr Hellberg, wie oft kollidieren Vögel und Flugzeuge am Airport Bremen?

2023 hatten wir in Deutschland rund 1.700 dokumentierte Vogelschläge. Deutschlandweit liegt die Quote bei unter 10 Fällen pro 10.000 Flugverbindungen. Wir errechnen zwar auch Raten für jeden einzelnen Flughafen, veröffentlichen sie aber nicht. Was ich sagen kann, ist, dass Bremen unter 10 Fällen liegt. Die Vogelschlagrate allein reicht als Kennzahl aber auch nicht aus.

Warum nicht?

Es ist ein Unterschied, ob eine Schwalbe oder ein Schwan mit einem Flugzeug zusammenstößt. Bei jedem Vogelschlag untersuchen wir daher durch Federrest- oder DNA-Analysen, welche Tiere wo und wann beteiligt waren. Außerdem sehen wir uns an, welche Auswirkungen der Vogelschlag hatte. Daraus ergibt sich die Schadensrate. Und die liegt nach Vogelschlägen an deutschen Flughäfen irgendwo im Promille-Bereich, also äußerst niedrig.

Abgestürzte Passagiermaschine in Südkorea
Ein Vogelschwarm könnte die Flugzeug-Katastrophe in Südkorea ausgelöst haben. Bild: dpa | NurPhoto/Chris Jung

Welche Vögel sind in Bremen die größte Gefahr für die Luftfahrt?

Bremen ist prädestiniert für Möwen. Wenn die Großwetterlage schlecht ist, fliegen sie eher ins Inland, um dem auszuweichen. Auch der Vogelzug, der ja zweimal im Jahr stattfindet, ist in Bremen ein Faktor. Die Lage des Flughafens mit der Ochtum und den Kladdinger Wiesen ist zudem ein gutes Gebiet für Vögel. Die häufigsten Vogelschläge in Bremen werden allerdings durch Turmfalken verursacht, die auf der Jagd sind. Erst danach folgen Möwen, dann Gänse und Enten.

Was kann dagegen unternommen werden?

Jeder Flughafen ist gesetzlich verpflichtet, ein professionelles Vogelschlag-Management zu betreiben. Da spielen verschiedene Maßnahmen eine Rolle. Wenn beispielsweise Vögel gesichtet werden, können technische Hilfsmittel wie Signalpistolen, Laser oder laute Gaskanonen eingesetzt werden. Auch klassische Vogelscheuchen, Drachen oder blinkende Lichter kommen zum Einsatz.

Mit Hilfe von KI können Vögel inzwischen ebenfalls erkannt und dann artspezifische Warnrufe ausgespielt werden. Solche Systeme sind bereits im Einsatz, zum Beispiel am Airbus-Flughafen in Finkenwerder. Da rechnet sich das wegen der vielen Zugvögel im Mühlenberger Loch. In Bremen gibt es das bislang noch nicht – es würde sich wohl auch nicht rechnen.

Dafür setzt Bremen auf tierische Helfer.

Ja. Ein Teil der aktiven Vergrämung ist auch der Einsatz domestizierter Greifvögel. Mit ihnen gaukeln wir den anderen Vögeln Fressfeinde am Flughafen vor. Auch Hunde können dabei zum Einsatz kommen. Das ist eine biologische Form und sehr sanft, aber auch sehr wirkungsvoll.

Darüber hinaus ist dann noch die passive Vergrämung wichtig, also das Biotopmanagement.

Was hat es damit auf sich?

Es wird verhindert, dass Vögel am Flughafen Nester bauen, dass sie Beute finden und Ruheflächen haben. Alles was die Tiere brauchen oder gerne hätten, wird entfernt. Und wenn ihre Ansprüche nicht erfüllt werden, kommen sie gar nicht erst.

Wie oft kam es denn in Bremen schon zu kritischen Situationen durch Vogelschlag?

Seitdem ich im Dienst bin, also seit 2017, ist mir für keinen deutschen Flughafen eine Beschädigung bekannt, bei der eine Katastrophe drohte. Natürlich gab es immer wieder Vogelschläge und einige Beschädigungen. Aber alles im Bereich dessen, was bei der Konstruktion des Flugzeugs und beim Pilotentraining einkalkuliert worden ist.

Der spektakulärste Fall in Bremen war 2021 übrigens kein Vogel, sondern ein Hase, der durchs Triebwerk gegangen war. Insgesamt zeigt die Statistik aber, dass Schadensfälle trotz steigendem Flugverkehr abgenommen haben. Das heißt, der Flugverkehr ist sicherer geworden.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 30. Dezember 2024, 10 Uhr