Infografik

Die 5 großen Probleme des Bremer ÖPNV

Drei Busse der BSAG sind auf einem Parkplatz, hinter einem Absperrband zu sehen.

2 Jahre nach der Bremen-Wahl: Wie marode sind Straßen und Schienen?

Bild: Radio Bremen

Für Busse und Bahnen hat sich die rot-grün-rote Koalition viel vorgenommen. Doch die To-do-Liste ist nach wie vor lang. Dies sind die fünf wichtigsten Gründe.

Die erste Halbzeit des rot-grün-roten Regierungsbündnisses ist um. Doch viele der im Koalitionsvertrag vereinbarten Pläne für Ausbau und Stärkung des ÖPNV sind längst ausgebremst worden. Dies sind die fünf wichtigsten Baustellen – und deren Stand.

1 Personalmangel

"Für eine erfolgreiche Verkehrswende brauchen wir mehr Personal – von Fahrerinnen bis zu Planerinnen", hieß es im Juli 2023 im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken. Dies gelang jedoch zunächst kaum.

Stattdessen dominierten weiterhin personalbedingte Fahrplankürzungen die Schlagzeilen – sowohl bei der BSAG wie auch bei Bremerhaven Bus. In Bremerhaven konnte erst im August 2024 wieder auf den Normalfahrplan umgestellt werden.

In Bremen gelang die – zwischenzeitlich verzögerte – Umstellung auf den Regelfahrplan hingegen in zwei Schritten. Seit April 2024 fahren die Straßenbahnen der Linien 4 und 6 wieder im Regeltakt, nachdem das Unternehmen 200 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt hatte. Seit Oktober 2024 ist der BSAG schließlich auch die Rückkehr zum Regelfahrplan im Busverkehr gelungen.

Allerdings wurde dazu nicht nur Personal aus eigener Ausbildung eingesetzt. Zusätzlich setzt die BSAG seit 2024 auch auf Subunternehmen mit mehrjährigen Verträgen. Sie stellen Fahrer und zum Teil auch Busse bereit und werden für Fahrten verschiedener Linien beispielsweise von und nach Huchting eingesetzt. "Stand jetzt, stellen wir keine neuen Verträge aus", sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling. Denn der Mangel im Bereich Fahrdienste sei mittlerweile gelöst. Woran es weiterhin fehle, seien allerdings IT-Fachleute. "Da geht es uns wie anderen Unternehmen auch."

2 Verzögerte "Angebotsoffensive"

Eine Taube läuft über Straßenbahngleise am Bremer Hauptbahnhof.
Die von Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) angekündigte "Angebotsoffensive" wurde wieder kassiert. Sie soll jetzt erst 2026 kommen. Bild: Radio Bremen | Sebastian Manz

Personal zu finden oder auszubilden, ist das eine – Personal zu bezahlen, das andere. Das musste offenbar auch Bremens Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) feststellen, bevor sie im Dezember 2024 die eigentlich für das Frühjahr 2025 geplante "Angebotsoffensive" der BSAG verschob.

Dabei hatten Senat und Mobilitätssenatorin die Ausweitung des Angebots nur Monate zuvor angekündigt. Das Ziel: Fahrgäste sollten zwischen den Hauptverkehrszeiten alle siebeneinhalb Minuten in einen Bus oder eine Straßenbahn steigen können.

Mehr Verkehr ins Tabakquartier, mehr Verkehr auf den Hauptlinien – rund 3,4 Millionen Euro jährlich hätten dafür ab 2025 an die BSAG fließen sollen. Dafür fehlt Bremen jetzt jedoch das Geld.

Nächster angestrebter Termin für die bessere Taktung: Frühjahr 2026, heißt es aus dem Mobilitätsressort.

3 Finanzierungslücke

Dass die Angebotsoffensive, aber auch Investitionen in die BSAG verschoben werden, hängt mit zuletzt deutlich gestiegenen Preisen für Energie, Baustoffe und Personal ab. Diese Kosten ließen auch die von Bremen zu begleichenden Verlustübernahmen des öffentlichen Betriebs deutlich klettern (siehe Grafik).

Umsätze und Verlustausgleiche der BSAG seit 2008

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Wieviel die BSAG im Jahr 2024 umgesetzt hat, wieviel ihrer Kosten sie selbst durch Beförderungserträge erwirtschaftet hat und was Bremen zuschießen muss, wird erst Mitte Mai im neuen Geschäftsbericht veröffentlicht. Dass die Zuschüsse geringer werden, ist kaum zu erwarten. Allein der Ausbau der Linie 1, das wurde im Dezember 2024 verkündet, wird 35 Millionen Euro teurer als bislang geplant.

Schon jetzt ist klar: Die BSAG steht in einer Reihe mit städtischen Unternehmen wie dem Klinikverbund Geno, den Bremer Bädern, dem Umweltbetrieb Bremen und der Messegesellschaft M3B, bei denen angesichts leerer Kassen die Weichen auf Sanierung gestellt sind.

4 Preise: Teurer statt günstiger

Die Finanzierungslücke wirkt sich auch auf die Ticketpreise aus. Die im Koalitionsvertrag beschlossenen Pläne, man wolle "einen Sozialtarif für das Deutschlandticket für 29 Euro im Monat einführen und weiter auf einen ticketfreien ÖPNV hinarbeiten", sind in die Ferne gerückt. Stattdessen hieß es schon in einer Sitzungsvorlage des Senats vom 10. September 2024: "Bezugnehmend auf die BSAG kann bereits zum jetzigen Zeitpunkt festgestellt werden, dass der Zuschussbedarf der BSAG stabilisiert werden soll. Dazu gehört auch die regelmäßige Preisanpassung bei den Tickets."

Auch Bremerhaven Bus litt zuletzt an den stark gestiegenen Kosten. Der Bremer Senat genehmigte dem Verkehrsunternehmen daher im Oktober 2024 zusätzliche 2,4 Millionen Euro, nachdem es schon im August 1,3 Millionen Euro erhalten hatte.

Die Ticketpreise sind zum Januar 2025 dennoch auch in der Seestadt deutlich angestiegen.

5 Marode Verkehrsinfrastruktur

Die temporär geschlossene Straßenbahnhaltestelle vor der Bürgermeister-Smidt-Brücke in der Bremer Innenstadt.
Geschlossene BSAG-Haltestelle "Am Brill". Für Straßenbahnen ist die Bürgermeister-Smidt-Brücke wohl noch mindestens mehrere Monate gesperrt. Bild: dpa | Sina Schuldt

Nicht zuletzt hat der kritische Zustand der Bremer Verkehrsinfrastruktur viele Pläne aus dem Koalitionsvertrag zunichte gemacht. Zugesagt hatten die Regierungsparteien kurze Wege zur nächsten Haltestelle, eine hohe Taktfrequenz, flächendeckende Erreichbarkeit und hohe Reisegeschwindigkeiten. Bekommen haben die Bremerinnen und Bremer seit November 2024 eine monatelange Sperrung der Bürgermeister-Smidt-Brücke.

Damit fiel eine von zwei Weserquerungen für die Busse und Bahnen der BSAG weg. Straßenbahnlinien wie die 1 wurden stattdessen über die Wilhelm-Kaisen-Brücke umgeleitet, manche Linien unterbrochen. Erst seit April dürfen wieder Busse über die Bürgermeister-Smidt-Brücke fahren. Für Straßenbahnen bleibt sie aber gesperrt. Wie lange, ist offen.

"Wir hoffen, im Laufe des Jahres eine Messung zu bekommen, um zu testen, ob auf der Bürgermeister-Smidt-Brücke doch wieder Straßenbahn fahren können", sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling. Gleichzeitig steht allerdings eine Ertüchtigung der Wilhelm-Kaisen-Brücke an. "Da hoffen wir, dass die Auswirkungen auf unseren Betrieb nicht so gravierend sind." Eine Sperrung der letzten Weserquerung hätte gravierende Auswirkungen für unser Netz, sagt Holling.

Um die Weserbrücken zu schonen, hat das Verkehrsressort nun sogar angekündigt, den Bau einer Seilbahn als mögliche Entlastung zu prüfen. Allzu schnell würde das die Probleme des ÖPNV aber wohl nicht lösen. Der Bau von Seilbahnen sei sehr komplex, es seien viele Fragen offen, heißt es dazu aus dem Ressort.

Eine Gondel einer Seilbahn von unten

Bremer Verkehrsressort ist offen für Seilbahn über die Weser

Bild: dpa | CTK | Ondrej Hajek
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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 28. April 2025, 8:40 Uhr