Letzte Chance Kirchenasyl: So erlebt es dieser Betroffene in Bremen

Das Kirchenasyl in Bremen hat diesen Mann vor der Abschiebung bewahrt

Bild: Radio Bremen

Seit vierzig Jahren gibt es in Deutschland das Kirchenasyl. Für viele ist es die letzte Chance, einer Abschiebung zu entgehen. So auch für Ali Darwish, dem eine Bremer Kirche Asyl gewährt hat.

Ali Darwish hat einen langen Weg hinter sich. Der 24-Jährige ist vor dem Krieg in Syrien geflüchtet, über Rumänien nach Europa gekommen, und letztlich in Paderborn gelandet. Dort sollte er jedoch nicht lange bleiben. Schon bald kam der Bescheid, dass er in sein Erstaufnahmeland in Europa, Rumänien, wieder abgeschoben werden sollte.

Um das zu verhindern, setzte Ali Darwish auf Kirchenasyl. Das bedeutet die vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen in kirchlichen Räumen, denen Leben bei einer Abschiebung bedroht sein könnte oder deren Menschenrechte verletzt werden könnten.

Darwish suchte vergeblich nach einem Kirchenasyl, in seinem Umkreis fand er nirgendwo einen Platz. Bis eine Gemeinde in Bremen ihm Kirchenasyl gewährte. "Das Kirchenasyl ist hier ist sehr gut, es gibt Sprachkurse und wir lernen schnell. Und es gibt gute Lehrer", sagt Ali Darwish.

Kirchenasyl seit 40 Jahren in Deutschland

In Deutschland gibt es das Kirchenasyl seit vierzig Jahren, in Bremen wurde es 1985 das erste Mal eingeführt. Grund dafür war der Tod des Türken Cemal Kemal Altuns, der aus Angst vor der Abschiebung in Berlin Suizid beging.

Es war der Beginn einer Kirchenasylbewegung in Deutschland. Eine Ausstellung im "Kapitel Acht" soll das Thema Kirchenasyl nun bis zum 22. November in den Vordergrund rücken. Das sei dringend erforderlich, betont Lars Ackermann, der sich im Rahmen des Vereins "Zuflucht" der Bremischen Evangelischen Kirche um das Kirchenasyl kümmert.

Wir haben leider ein Asylsystem, das Menschen, die in Not sind, zwingt, in Länder zurückzugehen, wo sie Verletzungen gegen humanitäre Menschenrechte erlebt haben.

Lars Ackermann vom Verein "Zuflucht"

Betroffene hätten in Ländern, aus denen sie geflohen sind, etwa Inhaftierungen und Folter erleiden müssen. "Um das zu verhindern, ist das Kirchenasyl absolut notwendig zurzeit", so Ackermann. Denn die Anzahl derjenigen, die sich dafür bewerben, nehme zu, sagt er. Nach aktuellem Stand gibt es in Bremen derzeit 93 Fälle von Kirchenasyl. So viele gab es bislang noch nie.

Für viele eine letzte Chance

Einen Rechtsanspruch auf Kirchenasyl gibt es in Deutschland nicht, die Politik toleriert jedoch die Praxis. Trotzdem sei das Kirchenasyl immer wieder in Gefahr, sagt er. "Wir müssen immer wieder im Gespräch mit dem Bundesamt und den zuständigen Innenbehörden deutlich machen, wie notwendig dieses Kirchenasyl ist", betont Ackermann. "Und wir müssen mit einem gesunden Selbstbewusstsein hingehen und sagen, dass es auch die Aufgabe der Kirche ist, da wo Unrecht geschieht auch korrigierend eingreifen zu können."

Dass Kirchenasyl für viele eine letzte Chance ist, weiß auch Wolfgang Teuber. Der Kirchenvorsteher an der Zion Gemeinde in der Bremer Neustadt begleitet seit rund zwölf Jahren Abschiebungsgefährdete. Darunter auch Ali Darwish. "Im Grunde ist es alles eine Erfolgsstory. Wenn früher Familien mit Kindern ankamen, haben die mittlerweile zum Teil Abitur gemacht, manche studieren hier oder machen eine Ausbildung", erzählt er.

Was kommt nach dem Kirchenasyl?

In seiner Zeit habe er fast 200 Flüchtlinge während ihres Kirchenasyls begleitet. Noch nie habe er jemanden erlebt, der nicht lernen und arbeiten wollte, berichtet Teuber. Auch sei er immer wieder erstaunt, wie schnell die Betroffenen Deutsch lernen.

Ali Darwish muss in zwei Wochen erst einmal zurück nach Paderborn, wo er eigentlich lebt, weil sein Kirchenasyl in Bremen ausläuft. In Nordrhein-Westfahlen wird dann entschieden, wie es mit ihm weitergeht. Wenn es nach ihm ginge, würde er gerne in Deutschland eine Ausbildung anfangen und sich hier ein Leben aufbauen.

Und er wünscht sich, frei von Vorurteilen gesehen zu werden. "Wenn ein Ausländer schlecht ist, sind nicht gleich alle schlecht. Manche Leute wollen hier einfach lernen und arbeiten", so der 24-Jährige. "Ich will hier eine Ausbildung machen und lernen, weil in meinem Land Krieg ist, dort kann ich nicht lernen." Das Kirchenasyl ist auch nach vierzig Jahren gefragt und für Menschen wie Ali Darwish eine zweite Chance.

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Autorin

  • Autorin
    Leoni Hentschel

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 22. Oktober 2024, 19:30 Uhr