Großer Entertainer aus Bremen: Heute wäre Kuli 100 Jahre alt geworden
Vor einem Jahrhundert wurde Moderator Hans-Joachim Kulenkampff in der Bremer Parkstraße geboren. Wir erinnern an einen großen Entertainer, dessen Sendungen Straßenfeger waren.
Die Kinder sitzen frischgeschrubbt auf der Couch, Vati macht es sich gemütlich mit einem Bier und Mutti ist schon ganz aufgeregt. Es ist Samstagabend und alle warten auf ihn und sein "Guten Abend, meine Damen und Herren. Danke, das ist schon sehr schön! Auch Ihnen daheim an den Fernsehschirmen einen recht schönen guten Abend!" Immer wenn Kuli kommt, sind die Straßen leer, weil alle vor den Fernsehgeräten hocken. Einschaltquoten bis zu 80, 90 Prozent! "Einer wird gewinnen", kurz: EWG, ist ein harmloses Fernsehquiz mit noch harmloseren Fragen und maximal harmlosen Spielchen – aber dafür mit ihm: Hans-Joachim Kulenkampff. Und der ist besonders stolz auf den einen Rekord, der beweist, wie gebannt sein Publikum seine Show verfolgt. Denn während seine Sendung läuft, ist der Wasserverbrauch in Wien am geringsten.
Diesen Hans-Joachim Kulenkampff lässt man gerne ins Wohnzimmer. Schon lange: In den 50er Jahren noch im Radio mit Sendungen wie "Heiß oder kalt" und ab 1964 dann im Fernsehen.
Für die erste Fernsehsendung, die hieß "Wer gegen wen", das war ähnlich wie EWG, habe ich 200 Mark gekriegt. 200 Mark!
Hans-Joachim Kulenkampff
Kulenkampff mag ein mäßiger Schauspieler sein, aber er ist ein genialer Entertainer. Und die Damenwelt ist hingerissen – genauso wie er von den entzückenden Schönheiten. Augenzwinkern, Schlagfertigkeit, Charme – zuweilen auch eine große Klappe. Was ihm durchaus auch Ärger einbringt. Aber so einem verzeiht man gerne. Zumal er gerade heraus gesteht, dass er ein "lockeres Mundwerk" habe.
Ich habe es immer nur eine gewisse Zeit lang fertig gebracht, aus meinem Herzen eine Mördergrube zu machen. Und Sie werden lachen: Es ist mir eigentlich nie schlecht bekommen.
Hans-Joachim Kulenkampff
Auch eine Art von Vergangenheitsbewältigung. Mit Witz und Charme wurschtelt sich Kulenkampff durch seine Bremer Schulzeit. Ein lockeres Leben. Doch dann kommt der Krieg, er wird zum Wehrdienst eingezogen und an die Ostfront geschickt. "Von den 160 Mann, mit denen ich 1942 an die Front ging, waren außer mir noch vier Mann übrig. Jeden Morgen einige Kameraden von mir rechts und links tot und steinhart gefroren.“ Eingekesselt in Russland schneidet er sich selbst mit dem Taschenmesser vier erfrorene Zehen ab.
Mit selbstgefälschten Papieren schummelt er sich aus der Kriegsgefangenschaft, wird Schauspieler, Quizmaster, plaudert über dies und das – aber diese Geschichte vergisst er nicht. In seinen Shows witzelt er darüber, dass er sich gar nicht recht an 1944 erinnern kann. Lieber bloß nicht und weiter im Jetzt. Das kommt an.
Orden lehnte er ab
Kulenkampff heimst jede Menge Fernsehpreise ein. Das Bundesverdienstkreuz lehnt er dreimal ab. Hanseaten wie er nehmen keine Orden. Dann werden zwar die Shows kleiner, die Zuschauer weniger, die Theatertourneen länger, aber er wird immer noch geliebt – schon allein wegen der Erinnerung an die Samstagabende, an denen der Wasserverbrauch so niedrig wie nie war.
Kuli starb im Alter von 77 Jahren. Geboren wurde er als Hans-Joachim Kulenkampff in Bremen in der Parkstraße 68, im Jahr 1921. "In einem der besten Jahrgänge, die wir überhaupt jemals hatten, zumindest was den Wein anbetrifft", so pflegte er über sein Geburtsjahr zu scherzen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 27. April 2021, 7:40 Uhr