Sterben Bremerhavens Kultkneipen aus?
In Bremerhaven geben zwei Kneipenbetreiber auf. Sie hoffen auf erfolgreiche Nachfolger. Doch haben Kneipen angesichts von Inflation und hoher Energiepreise eine Zukunft?
Seit 1999 besitzt Hans Sauerbrei die Kneipe "Zum kleinen Falken Merlin" in Bremerhaven-Lehe. Unter diesem Namen kennt sie aber wohl kaum einer. Für die Bremerhavener ist das ihre Ferrari-Kneipe. Rot, wohin das Auge reicht, Ferrari-Rot. Zu sehen gibt es Tausende Fanartikeln: Trikots, Fahnen, Modellautos. Seine Kneipe gleicht einem Ferrari-Museum.
Geöffnet nach Lust und Laune
Geöffnet ist, wenn Hansi, wie ihn seine Gäste nennen, Lust hat: "Ich mach immer auf nach Schnauze. Da draußen steht ein Schild, da steht: 'Das Wetter, meine scheiß Launen und mein Appetit beeinflussen meine Öffnungszeiten'. Wenn ich Hunger habe, gehe ich essen", erklärt der 66-Jährige.
Seit Beginn der Corona-Pandemie kommen nicht mehr so viele Gäste. "Ich habe zwölf Sorten Bier vom Hahn gehabt, habe jetzt durch Corona nur noch sechs, weil sich zwölf nicht mehr rechnen." Den Leuten fehle einfach das Geld, sie hätten neue Prioritäten und würden lieber mal zu Hause trinken, schildert er seinen Eindruck.
Das Wetter, meine scheiß Launen und mein Appetit beeinflussen meine Öffnungszeiten.
Hans Sauerbrei, Kneipenwirt
Touristen bringen Umsatz
Aber ab und an stünden plötzlich zehn Leute in der Tür. "Ich freue mich, denn ich habe viele Gäste in den 40ern und 30ern. Aber dann hört es auf nach unten. Es kommen viele Ältere, viele Kegelclubs. Jetzt will eine Tanzgruppe kommen."
Für den Wirt der Ferrari-Kneipe würde sich trotz Inflation und hoher Energiepreise noch alles rechnen – auch dank der Touristen, die seine Kneipe entdecken. Aus gesundheitlichen Gründen sucht er aber einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Der oder die, so sagt er, müsse genauso verrückt sein wie er. Seine Fanartikel würde er sogar in der Kneipe lassen, nur ein Andenken möchte er mitnehmen.
Richtiges Seemanns-Flair
In einer ähnlichen Situation wie Hansi ist Daggi Janßen. Ihre Kneipe "Krohns Eck" steht im Fischereihafen. Hier herrscht richtiges Seemanns-Flair. Zwischen viel Holz gibt es Segelschiff-Modelle zum Bestaunen. Das habe bis heute viele Gäste angelockt, sagt die 64-Jährige.
Reich werde man als Kneipenbetreiberin aber nicht. "Ich denke immer, man kann selber nur essen und trinken und ich muss keinen Porsche fahren. Man muss ganz normal weiterleben, dann geht das auch."
Keine Preiserhöhung
Die 64-Jährige hat die Corona-Zeit überstanden, auch dank ihrer Stammkunden. Trotz Inflation und der gestiegenen Energiepreise hat die Wirtin ihre Preise nicht erhöht. Das könne man in Bremerhaven nicht machen, sagt sie. "Man will die Kundschaft nicht verlieren. Man muss immer auch einen ausgeben und mal ein bisschen mehr raufkippen. Wir sitzen alle in der Krise und da müssen wir alle zusammenhalten."
Man muss immer auch einen ausgeben und mal ein bisschen mehr raufkippen.
Daggi Janßen, Kneipenwirtin
Ende Februar geht es in Krohns Eck mit einem neuen Wirt weiter. Daggie Janßen hat einen Wunsch: "Ich hoffe, dass meine Gäste alle bleiben und wiederkommen, das wünsche ich meinem Nachfolger."
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 29. Januar 2023, 10.40 Uhr