Interview
Wie Bremer erfahren können, was mit ihren Vorfahren im Krieg passierte
Wie Bremer erfahren können, was mit ihren Vorfahren im Krieg passierte
Auch 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind die Schicksale vieler Menschen noch ungeklärt. Bei der Suche nach verschollenen Vorfahren hilft ein Dienst des DRK.
Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Viele Bremerinnen und Bremer wissen allerdings bis heute nicht, was mit ihren Familien damals passiert ist, die im Chaos des Krieges einfach verschwunden sind. Hilfe bei der Suche erhalten Betroffene vom Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Der Fachbereichsleiter Maximilian Fixl erklärt im Interview, wie sein Team den Suchenden hilft und was Bremerinnen und Bremer tun können, die noch immer nach Familienangehörigen suchen.
Sie haben rund 7.000 Anfragen zum Zweiten Weltkrieg im vergangenen Jahr erhalten. Nach all den Jahren – wie kann die Zahl immer noch so groß sein?
Das hat mehrere Gründe. Einmal ist es das schiere Ausmaß der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs mit all seinen Folgen: Es gab so viele Vermisste, so viele Verstorbene. Und dann ist es natürlich auch eine Folge des sogenannten Kalten Krieges, die es dann erst ab den 90er-Jahren möglich gemacht hat, intensive Nachforschungen auch im Bereich der ehemaligen Sowjetunion durchzuführen.
43 Prozent Ihrer Suchen sind erfolgreich. Wie gehen Sie überhaupt vor bei der Suche nach Vermissten?
Heute läuft das größtenteils auf Basis von digitalen Archivbeständen, die wir sichten. Das umfasst zum Beispiel die zentrale Namenskartei, wo Angaben zum Verbleib von rund 20 Millionen Menschen verzeichnet sind. Und dann gibt es eben die Unterlagen aus der ehemaligen Sowjetunion zur Kriegsgefangenschaft auf diesem Gebiet.

Sie haben die Sowjetunion angesprochen, wo der Zugriff auf diese Unterlagen erst später möglich war. Lohnt es sich dann beispielsweise, eine Anfrage aus den 60er-Jahren noch einmal neu zu stellen?
Ja, auf jeden Fall. Die Unterlagen werden sukzessive gescannt und durchgesehen, und da kann es sich durchaus lohnen, heute auch noch einmal eine Anfrage zu stellen.
Rund 50 Anfragen sind im vergangenen Jahr auch aus Bremen gekommen. Können Sie da mal ein Beispiel geben?
Wir hatten einen ganz typischen Fall: dass ein Enkel für seine Großmutter angefragt hat, die schon etwas älter war und das Schicksal des Großvaters gerne geklärt hätte. Da konnten wir das Schicksal auf Basis dieser gefundenen Unterlagen tatsächlich klären. Aus unserem Archiv konnten wir auch ein Bild des Großvaters übermitteln, was für den Enkel dann wiederum sehr wertvoll war, weil er zum ersten Mal so seinen Großvater überhaupt sehen konnte.
Was können Sie mit ihrer Suche für die Angehörigen leisten?
Was wir hauptsächlich machen, ist, dass wir versuchen, den Familienangehörigen Gewissheit zu verschaffen und zu helfen, mit einem Kapitel in ihrem Leben abschließen zu können – damit sie da auch eine gewisse Klarheit bekommen. Es handelt sich ja oft um sehr nahe Familienangehörige. Das sind teilweise die Eltern, die vermisst waren oder die Großeltern. Da versuchen wir zu unterstützen.
Wie kann man sich an Sie wenden, um nach im Krieg verschollenen Personen zu suchen?
Also das geht entweder online über unsere Website drk-suchdienst.de, telefonisch oder per E-Mail. Auch postalisch können Sie sich gerne an uns wenden, da haben wir bestimmte Formulare, die man bei uns einsenden kann. Und da helfen wir immer gerne.
Das Interview wurde von Katharina Guleikoff und Jens-Uwe Krause für Bremen Eins geführt. Für buten un binnen hat es Henry Borgelt aufgeschrieben.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 8. Mai 2025, 9:15 Uhr