Werder-Frust statt Pokal-Lust: So platzte der Bremer Tischtennis-Traum
Die Enttäuschung sitzt tief bei Werder nach dem Halbfinalaus im Pokal. Besonders Mattias Falck haderte mit seinem beiden Niederlagen. Doch Vorwürfe machte ihm keiner.
Die Bässe tönten so laut wie der aufgedrehte Hallensprecher durch die abgedunkelte Sportarena von Neu-Ulm. Der Höhepunkt des Tischtennis-Spektakels konnte beginnen. In dichte Nebelschwaden und Neonlicht gehüllt liefen sie nun unter dem Jubel der 5.000 Fans ein, die Spieler jener beiden Teams, die es am Samstag ins Pokalfinale geschafft hatten: Saarbrücken und Ochsenhausen.
Feierlich bemüht, aber letztlich erfolglos versuchte sich eine Sängerin an der deutschen Nationalhymne. Als wäre an diesem Final-Four-Tag nicht auch so schon alles schlimm genug gewesen. Zumindest für Werder Bremen.
Falck verliert beide Einzel
Sie hatten darauf gehofft, den Pokal endlich zum ersten Mal mit nach Bremen zu nehmen. Hatten hart trainiert, waren bereit. Doch als der Moment am Samstagvormittag im Halbfinale kam, auf den es ankam, da ging es einfach nicht. Vor allem nicht bei Mattias Falck.
Werders Nummer eins war zwei Mal gegen Saarbrücken angetreten, beide Male hieß es am Ende 0:3. So kennt man den Schweden, der etliche große Titel in seiner Karriere gewonnen hat und 2019 Vizeweltmeister wurde, eigentlich gar nicht.
Umso größer war dann auch die Enttäuschung bei Falck, als Werder mit 1:3 im Halbfinale ausschied.
"Es gibt da null Vorwurf an Mattias"
Frust, Wut, Ohnmacht, die ganze Gefühlsgemengelage brach sich in den Katakomben der Arena im Kabinentrack Bahn, doch die paar Meter bis zur Werder-Umkleide kam Falck gar nicht. Die Dopingkontrolleure hatten ihn und Marcelo Aguirre ausgelost. Der Schwede hatte nun notgedrungen Zeit, sich abzukühlen und zu fragen, was ausgerechnet an diesem wichtigen Tag so schiefgelaufen war.
"Mattias hat das Ganze auf sich genommen", erklärte Trainer Cristian Tamas bei buten un binnen, "aber er hat sein Bestes gegeben, es gibt da null Vorwurf an ihn." Falck hatte Werder in den vergangenen sechs Jahren schon oft die Siege gerettet, an diesem Tag wollte es nicht klappen. Der 33-Jährige fand in beiden Spielen nicht seinen Rhythmus.
Wenn du als Nummer eins spielst und jedes Mal die Verantwortung übernimmst, die Mannschaft zu führen, dann können solche Tage passieren und das muss Mattias akzeptieren. Durch diese Enttäuschung müssen wir jetzt alle gemeinsam durch.
Werder-Trainer Cristian Tamas bei buten un binnen
Falck hat am Pokalaus zu knabbern
Tamas weiß, was er an seinem Anführer hat. Gerade haben die Bremer den Vertrag mit Falck um zwei Jahre verlängert. Doch das milderte nicht ab, dass sich der Schwede selbst die Hauptschuld am Halbfinalaus gab.
"Wir sind mit großen Hoffnungen und Erwartungen zum Final Four gekommen", erklärte Falck bei buten un binnen: "Dass ich heute nicht auf meinem besten Level spielen konnte, ist enttäuschend und wird sicher ein, zwei Tage dauern, bis ich das verdaut habe."
Werder hat Pech mit den Bällen
Mit Patrick Franziska und Darko Jorgic hatte es Falck aber auch mit der Nummer zehn und 13 der Welt zu tun. "Um sie zu schlagen, muss in meinem Spiel alles passen." Falcks Spiel ist besonders auf der internationalen Tour, denn auf seiner Vorhand spielt der Schwede mit kurzen Noppen. So kann er härter und gerader ohne Topspin mit hohem Tempo schlagen.
Allerdings benötigt Falck für sein Spiel auch harte Bälle. Es war Pech, dass die Spielbälle in Neu-Ulm weicher waren. Zu weich. So konnte Falck seine stärkste Waffe kaum nutzen und auch kein Selbstvertrauen aus den Ballwechseln ziehen, wie sonst. Dass etwas nicht passte, war Falck in beiden Partien anzumerken. Er kämpfte, hatte gegen Franziska sogar Satzbälle. Es reichte nicht.
"Haben es nicht geschafft, am Limit zu spielen"
Auch Aguirre hätte aus seinem Match gegen Jorgic mehr herausholen können als einen Satzgewinn. Aber im ersten und dritten Satz konnte Aguirre die Führung nicht halten. "Wenn du gegen so eine starke Mannschaft spielst, muss du deine Chancen nutzen und am Limit spielen", betonte Tamas: "Das haben wir heute leider nicht geschafft."
Dass sie auf der großen Tischtennis-Bühne, beim Prestige-Duell um den Pokalsieg, nicht ihr "ganzes Können abrufen konnten", bedauerte Tamas. Einzig Kirill Gerassimenko zeigte gegen den Defensivspieler Yuto Muramatsu eine sehr überzeugende Leistung. Ob es mit dem Kasachen als Nummer eins allerdings besser gelaufen wäre im Final Four ist müßig. Auch Gerassimenko fühlte sich eher unwohl mit den Bällen.
Am Montag muss Werder in Mühlhausen ran
So ging Falck voran. Und wie abhängig die Bremer immer noch von der Form des 33-Jährigen sind, zeigte sich an diesem Tag wieder. Es dauerte am Samstag zwei Stunden nach der Niederlage bis Trainer Tamas seine Spieler endlich alle in der Kabine beisammen hatte. "Zuallererst habe ich ihnen gesagt, dass ich stolz auf sie bin", erzählte Tamas, "durch ihre Leistung haben wir es ins Final Four geschafft. Natürlich sind wir alle enttäuscht. Aber diese Erfahrung nehmen wir mit und beim nächsten Mal machen wir es besser."
Viel Zeit, um diesen Tiefschlag zu verkraften haben die Werderaner jedoch nicht. Am Sonntag geht es von Neu-Ulm nach Mühlhausen, am Montagabend um 19 Uhr steht dort der Bundesliga-Alltag wieder an. "Nach so einer harten Niederlage hätte man lieber eine längere Pause, um den Akku wieder aufzuladen", sagte Falck: "Aber in unserem Sport muss man sofort wieder aufsitzen und es geht mit dem nächsten Match weiter." Vielleicht auch eine Möglichkeit zur Frustbewältigung.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit Sportblitz, 5. Januar 2024, 19:30 Uhr