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Geplanter Klimawald: So steht es um Bremens Galopprennbahn-Gelände
Geplanter Klimawald: So steht es um Bremens Galopprennbahn-Gelände
120 Jahre dominierte der Reitsport die grüne Lunge südlich der Vahr. Ein Volksentscheid gibt nun vor, was mit dem Gelände passiert – bislang noch wenig. Eine Chronologie.
Auf Bremens traditionsreicher Galopprennbahn geht es voran – zumindest ein bisschen. Das seit einem Volksentscheid im Jahr 2019 als Erholungsgebiet deklarierte Gelände soll nun, wie seit Jahren geplant, zumindest einen Klimawald bekommen. Die ersten Bäume sollen im Herbst gepflanzt werden, teilte der Senat kürzlich mit. Dass die Kosten für die Stadt überschaubar bleiben, liegt am Stahlkonzern ArcelorMittal. Der fördert den Wald und darf mit ihm im Gegenzug die eigene Klimabilanz kompensieren.
Wie es um die anderen geplanten Maßnahmen steht und wie das Gelände zu dem wurde, was es heute ist, zeigt diese Chronologie.
1 Um 1900: Bau der modernen Galopprennbahn
Der Bremer Reit-Club kauft um 1900 ein Gelände in der Vahr, um dort eine Galopprennbahn zu bauen. Hauptattraktion ist eine Tribüne mit bis zu 1.000 Sitzplätzen. Seit 1907 werden auf dem Gelände regelmäßig Pferderennen veranstaltet.
2 1970er Jahre: Wohnbaupläne scheitern erstmals

In den 1970er Jahren gibt es erstmals Pläne, auf dem zentral gelegenen und gut 30 Hektar großen Rennbahngelände Wohnungen zu errichten. Das Wohnungsbauunternehmen Neue Heimat, in Bremen unter anderem für den Bau der Gartenstadt Vahr verantwortlich, scheitert jedoch am Widerstand der Stadt Bremen, die den Flächennutzungsplan nicht anpassen will.
Stattdessen wird der Pachtvertrag mit dem Rennverein langfristig verlängert.
3 2000er Jahre: Modernisierung, Golfplatz und Hotel
Seit den 2000er Jahren wird das Gelände von der kurz zuvor gegründeten Bremer Rennbahn GmbH modernisiert. Die Tribüne wird verlängert, ein Golfplatz und ein Hotel auf der Anlage entstehen. Als die Stadt dem Rennverein jedoch seit 2010 Subventionen von mehr als 800.000 jährlich streicht, schreiben die Betreiber mit dem Betrieb der Rennbahn Verluste.
4 2018: Schließung der Galopprennbahn
Im April 2018 lässt die Stadt den langfristigen Pachtvertrag mit dem Bremer Rennverein schließlich auslaufen. Das vorerst letzte Pferderennen findet Ende März am Karfreitag statt. Danach wird die Galopprennbahn offiziell geschlossen.
Doch die Pläne der Stadt, stattdessen auf dem Gelände rund tausend Wohnungen zu errichten, stoßen auf die Kritik einer Bürgerinitiative.
5 2019: Volksentscheid gegen Wohnbebauung

Bei der Bürgerschaftswahl im Mai 2019 stimmten die Bremerinnen und Bremer schließlich in einem Volksentscheid mit 56 Prozent der Stimmen gegen die geplante Wohnbebauung auf dem Rennbahngelände.
Das Ergebnis kommt für viele überraschend. Auch die Art der Fragestellung wird im Nachhinein diskutiert. Denn wer in der Wahlkabine mit "Ja" gestimmt hat, stimmt gegen die Bebauung. Wer "Nein" angekreuzt hat, stimmt für die Bebauung.
Doch das Ergebnis steht: Das Areal soll als öffentliche Grünfläche erhalten bleiben.
6 Seit 2019: Neuplanung und Zwischennutzung
Seither diskutiert die Stadt in Arbeitskreisen und an runden Tischen über die Zukunft der Galopprennbahn – und ihrer Zwischennutzung. Um letztere voranzutreiben, beauftragt das Wirtschaftsressort die "Zwischenzeitzentrale".
Mehrere Zwischennutzungsprojekte, von denen einige langfristig auf dem Gelände beheimatet sein sollen, werden umgesetzt. Darunter die Draußen-Schule der Oberschule Sebaldsbrück, eine Fahrrad-Cross-Strecke und ein Gelände zum Bogenschießen.
7 2021: Klage und weitere Pferderennen

Als sich die Entwicklung des Areals hinauszögert, erklagt sich der Bremer Rennverein vor dem Bremer Verwaltungsgericht das Recht, das Gelände weiter nutzen zu dürfen. So finden zunächst im November 2021 und ein weiteres Mal im April 2022 Galopprennen auf der Anlage statt.
Zwei für 2023 angesetzte Renntage lehnt die Stadt erneut ab, woraufhin die Organisatoren wieder klagen. Im April 2023 urteilt das Verwaltungsgericht jedoch, dass kein Rechtsanspruch auf Pferderennen besteht.
8 2022: Siegerentwurf gibt Planung vor

Im Juni 2022 präsentiert das Ressort für Stadtentwicklung schließlich einen Siegerentwurf zur Gestaltung des Rennbahngeländes. Er stammt von "West 8", einem internationalen Büro für Städtebau und Landschaftsarchitektur.
Geplant ist demnach eine flexibel nutzbare Wiese in der Mitte des Geländes. Im Kontrast dazu soll ein artenreicher Klimawald heranwachsen. Wasserflächen und Biotope sollen vernetzt sein. Um die Sportflächen werden dem Entwurf zufolge Baumreihen gepflanzt.
Geplante Nutzung des Rennbahn-Geländes
Ob alles so umgesetzt wird, bleibt aber offen. "Der Siegerentwurf bildet zwar die Grundlage, allerdings gibt es Anpassungen", sagt Aygün Kilincsoy, Sprecher des Ressorts für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung.

So sehe der Rahmenplan eine schrittweise und pragmatische Umsetzung der Pläne vor, wobei zunächst nur Teile realisiert würden. Ein Baustein sei der jetzt verkündete Klimawald.
Aktuell gebe es auch noch keinen Bebauungsplan zur vollständigen Umsetzung der Pläne von "West 8", teilt das Ressort mit.
Ein Bauleitplanverfahren zur Umsetzung des Teilbereichs "Draußen-Schule" sei allerdings bereits umgesetzt.
9 2023: Neue Wege erschweren Zwischennutzung
2023 baut die Stadt einen Fuß- und Radweg quer über das Gelände. Dieser verbindet seit Ende Juni 2023 die Wohngebiete Vahr und Sebaldsbrück – und macht damit die Rennbahn für Pferdesportveranstaltungen unbrauchbar. Auch die Flächen für eine Zwischennutzung verkleinern sich.
10 2025: Klimawald und Co.
Ebenfalls in einem Phasenplan festgelegt, ist die Umsetzung weiterer Bausteine. Dazu gehören beispielsweise
- die bereits als Zwischennutzung betriebene Draußen-Schule der Oberschule Sebaldsbrück,.
- die naturnahe Umgestaltung des Mittelkampsfleets,.
- die Schaffung eines Naturspielplatzes am Rad- und Fußgängerweg, der die Vahr und Hemelingen verbindet sowie.
- der Bau eines Sinnesgartens mit gemeinschaftlichem Gärtnern. .
Wann das Galopprennbahn-Gelände vollständig fertiggestellt ist, bleibt jedoch offen. "Die Entwicklung erfolgt schrittweise, und die zeitliche Perspektive ist abhängig von der Finanzierung und der Abstimmung der einzelnen Ressorts", sagt Bauressort-Sprecher Kilincsoy.
Was gerade auf der Galopprennbahn passiert – und was kommen soll
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 11. März 2025, 15 Uhr