7 neue Fälle im True-Crime-Podcast von buten un binnen
In der zweiten Staffel des True-Crime-Podcasts "Mord Nordwest" reden Jochen Grabler und Dirk Blumenthal über große Bremer Kriminalfälle – und blicken in Abgründe der Menschheit.
Dirk Blumenthal hat in seinem Leben viel Zeit auf Gerichtsbänken zugebracht. Ausgestattet mit Mikrofon und Kamera hat er von dort 30 Jahre lang für Radio Bremen berichtet. "Meistens habe ich mich mit Morden beschäftigt", sagt Blumenthal. "Manchmal war es auch weniger spektakulär." Weniger spektakulär wird es jedoch nicht in der zweiten Staffel des buten-un-binnen-True-Crime-Podcastes. Blumenthal bespricht mit Jochen Grabler, Leiter der Recherche-Redaktion, sieben spektakuläre und große Kriminalfälle der Bremer Geschichte.
Mit einem Mikrofon in der Küche von Jochen Grabler fing alles an. Und ist noch lange nicht zu Ende: Es gibt immer noch jede Menge Fälle zu erzählen, sind sich Grabler und Blumenthal einig. Weiterhin wird es in dem Podcast neben den Gesprächen der beiden auch Original-Töne aus Blumenthals Filmbeiträgen geben.
1 Das Kind im Kühlschrank
Zum Staffel-Auftakt berichten Blumenthal und Grabler von einem der schlimmsten Fälle Bremens: dem Tod des zweijährigen Jungen Kevin. Der Fall sorgt 2006 bundesweit für Entsetzen. Denn Kevin soll eigentlich in Obhut genommen werden, das Kindeswohl gilt als gefährdet – doch Polizei, Gerichtsvollzieher und Amtsvormund kommen zu spät. Am 10. Oktober ist Kevin schon seit Monaten tot. Die damalige Linie des Jugendamts: Kinder bleiben in Drogenfamilien, damit sie die Eltern stabilisieren. Und in so einer Familie lebt Kevin sein kurzes Leben. Warum er sterben musste und das nicht nur die Schuld der Eltern war, erzählen die beiden Reporter in der ersten Folge der zweiten Staffel. Ein Fall von Behördenversagen und Ignoranz – der auch in der Bremer Politik Konsequenzen hatte.
2 Die sogenannten Bunkermorde
Der Beginn dieses Falls klingt wie eine modere Romeo-und-Julia-Geschichte. Leider endet er auch ähnlich tragisch. Ein PKK-Kämpfer kommt nach Bremen und verliebt sich in die 17-jährige Tochter seiner Gastfamilie. Doch diese Liebe ist verboten. Trotzdem heiraten die beiden heimlich, leben jedoch hinter hinuntergelassenen Jalousien und in Todesangst.
Zurecht, denn in der Nacht zum 24. August 1999 werden sie zum U-Boot-Bunker "Valentin" gebracht und dort brutal getötet. Die eigentlichen Täter werden schnell ermittelt, doch damit ist die Geschichte noch lange nicht vorbei.
3 Der Prozess nach den "Bunkermorden"
Auch in der dritten Folge der zweiten Staffel geht es um die "Bunkermorde". Dieses Mal aber um den Prozess – und alles, was danach passierte. Nach Dutzenden Verhandlungstagen steht fest: Es gibt trotz mehrerer Mordmerkmale lediglich Urteile wegen Totschlags. Vier Täter wandern bis zu 15 Jahre ins Gefängnis.
Der mutmaßliche Drahtzieher jedoch bleibt frei. Keine Fahndung führt zum Erfolg. Die Männer, die mutmaßlich das Auto für die Tat besorgten und Spuren beseitigten, kommen um einen Prozess herum. 2014 deckt Radio Bremen auf: Die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen diese vier blieb mehr als 14 Jahre unbearbeitet beim Bremer Landgericht liegen. Bis es zu spät für einen Prozess war.
4 Adelina – ein Mädchen verschwindet
Es ist der 28. Juni 2001 und Adelina macht sich von der Wohnung ihres Großvaters auf, um nach Hause zu gehen. Die Strecke ist kurz, sie alle wohnen im Bremer Quartier Kattenturm. Doch Adelina kommt nie Zuhause an. Es starten umfangreiche Suchaktionen, ohne Erfolg. Ab Tag drei glaubt niemand mehr, dass Adelina ausgerissen ist.
Wochen später entdeckt eine Pilzsammlerin die Leiche Adelinas. Sie wurde in einem Müllsack verpackt und in einem Wäldchen in der Nähe von Bremen abgelegt. Der Fall ist bis heute nie aufgeklärt worden. Und dass, obwohl ein inhaftierter Kindermörder einem Mitgefangenen angeblich die Tat gestand.
5 Der Fall Marc H.
Nur einige Jahre nach Adelinas Tod verschwindet im Mai 2004 in Cuxhaven ein Kind. Levke wartet an der Straße auf ihren Vater und taucht nicht mehr auf. Die Familie ist verzweifelt, auch jetzt gibt es umfangreiche Suchaktionen. Wieder sind es Pilzsammler, die Levke schließlich finden. Anders als bei Adelina jedoch nicht in der Nähe von Bremen, sondern im Sauerland.
Zwei Monate nachdem Levke gefunden worden ist, verschwindet am 30. Oktober 2004 erneut ein Kind. Dieses Mal aus dem Landkreis Rotenburg. Der Junge Felix war mit dem Rad unterwegs nach Hause und wird danach nicht wieder lebend gesehen. Die Polizei zieht zunächst keine Verbindung zwischen Levkes und Felix Fall. Und das, obwohl es am 8. September 2004 bereits erste Hinweise auf den Mann gegeben hat, der später für den Mord an beiden Kindern verurteilt wird.
Marc H. wohnt in Bremerhaven, ist aber im Sauerland aufgewachsen. Bereits zuvor war er auffällig geworden und wegen der Vergewaltigung einer 17-jährigen Anhalterin verurteilt worden. Doch dauert es, bis er von der Polizei als möglicher Täter für den Mord an Levke ermittelt wird. Felix Leiche ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefunden, sie wird erst vier Wochen später entdeckt. Auch diesen Mord gesteht Marc H. – warum musste er, obwohl er ein verurteilter Sexualstraftäter war und unter Beobachtung stand, keine Therapie machen?
6 Mord ohne Leiche? Wo ist Jutta Fuchs?
Jutta Fuchs verkündet ihrem Lebensgefährten die Trennung. Das gemeinsame Kind will sie mitnehmen. Dazu kommt es jedoch nicht. Denn Jutta Fuchs verschwindet spurlos. Hobbyangler fischen Gegenstände von ihr aus einem See bei Bremen, mehr Hinweise gibt es aber nicht. Nach 25 Jahren wagt die Staatsanwaltschaft auf der Basis von wackeligen Zeugenaussagen und reinen Indizien doch die Anklage, die auch tatsächlich zugelassen wird.
Mitten im Prozess entscheidet sich die Staatsanwaltschaft zu den teuersten Ermittlungen, die Bremen je gesehen hat. Besagter See wird ausgepumpt in der Hoffnung, dass im Schlick die Leiche oder eine Tatwaffe gefunden wird. Doch nichts findet sich. Am Ende muss auch die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädieren.
7 Als die Polizei bei Radio Bremen klopfte
Im Staffelfinale erzählen Blumenthal und Grabler einen Fall ganz ohne Mord und Totschlag. Im August 1996 wurden vier Redaktionen in Bremen durchsucht, darunter auch die des TV-Regionalmagazins buten un binnen bei Radio Bremen. Als Blumenthal an diesem Tag zur Arbeit kam, lehnte ein Kriminalbeamter der Mordkommission neben der Tür und half Kollegen dabei, die Büros zu durchsuchen. Der Hintergrund: Mehrere Medien berichteten über einen vertraulichen Bericht des Landesrechnungshofes. Bei der Ermittlung der undichten Stelle im Beamtenapparat kommt ein Leitender Oberstaatsanwalt gemeinsam mit dem Generalstaatsanwalt auf die Idee, vier Bremer Redaktionen und drei Privatwohnungen von Journalisten durchsuchen zu lassen.
Die Aktion sorgt für einen Aufschrei quer durch die politischen Parteien, Verlegerverbände und Journalistenvereinigungen – und bleibt nicht ohne Folgen. Generalstaatsanwalt und der damalige Justizsenator Henning Scherf (SPD) stehen unter schwerem Beschuss. Es beginnt ein Rechtsstreit, den Radio Bremen und der Weser-Kurier bis nach Karlsruhe treiben.