Infografik

Wie unsere Werften wurden, was sie sind

Eine Handvoll namhafter Werften gibt es rund ums Land Bremen immer noch. Doch es waren mal viel mehr, und sie waren mal viel größer. Eine Zeitreise durch die Werften-Geschichte von Bremen und Bremerhaven.

Lloyd, Lürssen, Meyer, Fassmer: Das sind große und klangvolle Namen, bis heute. AG Weser, Rickmers, Bremer Vulkan, Schichau: Das sind die großen Namen von gestern. Sie sind oft über viele Jahrzehnte gewachsen, haben fusioniert, sich erneuert oder sind still, manchmal spektakulär untergegangen. Doch bei allem Auf und Ab sind Bremen und Bremerhaven und die Region bis heute gute Adressen im Schiffbau geblieben.

Um 1600 beginnt der nachweisbare Teil der Bremer Schiffbaugeschichte. Damals liegen am Teerhof sogenannte Lastadien: Verladekajen, an denen auch Schiffe repariert oder gebaut werden. Erst ab etwa 1800 sind die ersten echten Werften als eigenständige Betriebe mit eigener Infrastruktur überliefert.

Keimzellen der späteren Großwerften

Luftaufnahme der Vulkan-Werft (Archivbild)
Aus Langes Werft ging später der Bremer Vulkan hervor. Bild: Staatsarchiv Bremen

Und dann dauert es auch nicht mehr lange, bis die Keimzellen späterer Großwerften entstehen. 1805 gründet Johann Lange seine Werft in Vegesack. Er und später seine Witwe Anna machen die Werft groß und später auch im Stahlschiffbau außerordentlich erfolgreich. 1893 fusioniert Lange mit anderen Werften nördlich von Bremen zum Bremer Vulkan – der später mit 22.000 Mitarbeitern in der gesamten Vulkan-Gruppe ein Industrie-Koloss wird, bis er 1997 krachend untergeht: Veruntreuung, Untersuchungsausschuss und Strafprozesse inklusive. 2.000 Beschäftigte und viele Mitarbeitende der Zulieferer verlieren am Standort Bremen ihren Job

Die Geschichte des zweiten stadtbremischen Werft-Riesen, der AG Weser in Gröpelingen, beginnt 1843 mit einer Eisengießerei in der heutigen Überseestadt. 1872 machen die Inhaber Johann Waltjen und Heinrich Leonhardt daraus eine "Gesellschaft zum Bau eiserner Schiffe, Dampfschiffe, Dampfmaschinen, Maschinentheile etc.". Sie nennen das Unternehmen "Actien-Gesellschaft 'Weser'" und holen sich 18 Kaufleute und Investoren an Bord. Damit hatte die "A.G. Weser" genügend Kapital, um sich beim industriellen Schiffbau ins Spiel zu bringen. Die ersten Großaufträge kommen prompt: Kanonenboote für die Kaiserliche Marine.

Die Geschichte wichtiger Werften im Zeitstrahl

Zeitstrahl Werften
Bild: Radio Bremen

Portofolio-Bereinigung in der Krise

In den 1920er Jahren fusioniert die AG Weser mit anderen Großwerften zur Deschimag, daraus löst sie sich wieder und startet 1948 erneut. Es kommen einige gute Jahrzehnte, bis die AG Weser am 31. Dezember 1983 geschlossen wird. Der letzte Großaktionär, der Krupp-Konzern, hatte in der Schiffbaukrise sein Portofolio bereingt. Da halfen auch monatelange Massenproteste und politische Rettungsversuche von Bürgermeister Hans Koschnick nichts.

Tischfahnen der Lloyd-Werft und von Genting
Die Lloyd-Werft wechselte mehrmals den besitzer. Auch jetzt muss sie einen neuen Käufer finden – sonst ist am 31. Dezember 2021 Schluss. Bild: dpa | picture alliance / ZB | Jens Büttner

Nur etwas später als jene der AG Weser beginnt die Geschichte der Bremerhavener Lloyd-Werft: Sie wird 1857 als Werftbetrieb des Norddeutschen Lloyd gegründet. Und sie hat ein größeres Beharrungsvermögen als Vulkan und AG Weser, denn es gibt sie bis heute – noch, wie man allerdings sagen muss. Denn das Überleben der Lloyd-Werft mit ihren noch 350 Mitarbeitenden steht akut auf der Kippe. Zur Zeit gehört sie dem malayischen Genting-Konzern, der sie zum 31. Dezember 2021 schließen will. Ob sich ein Käufer findet, ist unklar. 2010 hatte der Unternehmer Dieter Petram die schlingernde Werft übernommen, 2015 reichte er sie an Genting weiter, sie wurde mit anderen norddeutschen Werften zu einem Verbund zusammengeschlossen, spielte darin dann aber keine besondere Rolle.

Sollte die Lloyd-Werft nicht überleben, würde sie sich in eine Ahnenreihe mit Namen wie Rickmers, Schichau-Seebeck oder Tecklenborg wiederfinden: Diese Bremerhavener Werften waren einmal beste Schiffbau-Adressen und stolze Unternehmen, gingen dann aber in einem Strudel von Übernahmen, Fusionen und Schließungen unter. Teile der Unternehmen leben in Betrieben wie German Dry Docks, die als Endstation einer Werftgeschichte fungieren, in der es keine neuen Anfänge zu geben scheint.

Erfolgreich geblieben sind die Familien-Werften

Doch die Werftgeschichte im Nordwesten ist natürlich keine reine Pleiten-Geschichte. Es gibt sie auch, die Werften, die über Jahrzehnte und Jahrhunderte erfolgreich waren und bis heute Welt-Champions sind: Meyer in Papenburg bei Kreuzfahrschiffen, der weit verzweigte Lürssen-Konzern mit der Zentrale in Vegesack für die Militärschiffahrt und bei Yachten, Abeking & Rasmussen in Lemwerder im Spezialschiffbau. In direkter Nachbarschaft, in Berne, exisitiert seit 1850 die Fassmer-Werft mit einem breiten Portofolio, bei Rettungsschiffen spielt sie in der Weltliga mit. Auch wenn Corona etwa im Kreuzfahrt-Schiffbau eine Krise ausgelöst hat, sind diese Unternehmen in ihren Bereichen fest im Markt verankert, sind sie technologisch führend – und alle noch im Familienbesitz. Und hier lässt immer noch die ganze Welt Schiffe bauen.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 3. Mai 2021, 10.35 Uhr