Interview

Mehr Hautkrebs-Fälle: Eine Bremer Dermatologin erklärt die Ursachen

Sonnen mit Gefahr: Immer mehr Menschen leiden an Hautkrebs

Bild: dpa | picture alliance | Peter Kneffel

Die Zahl der Hautkrebsfälle hat sich fast verdoppelt. Woran das liegt und wieso die Vorteile der Vorsorge trotz mancher Kritik überwiegen, erklärt eine Dermatologin.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Krankenhausbehandlungen von Hautkrebs immens gestiegen. Waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) im Jahr 2003 noch rund 62.000 stationäre Behandlungen, lag die Zahl im Jahr 2023 bei 116.900. Das waren fast 88 Prozent mehr Fälle, wie Destatis mitteilt. 

Trotz des Risikos liegen auch in Bremen an den Badestellen die Menschen in der prallen Sonne, nicht jeder cremt sich mit Sonnenschutz ein, nicht jeder sorgt sich vor den Folgen. Tina Steiner, Oberärztin für Dermatologie am Klinikum-Ost, erklärt, was die Folgen sein können.

Frau Steiner, wenn Sie von dieser Sorglosigkeit hören – was geht in Ihnen vor?

Wir sehen die Patienten bei uns im Klinikalltag, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist und der Hautkrebs schon da ist. Meistens sind die Patienten dann auch alarmiert und nehmen unsere Ratschläge an, die wir zum Hautschutz geben. Natürlich ist es trotzdem erschreckend zu sehen, wie unvorsichtig einige Menschen mit ihrer Gesundheit umgehen.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Vieles hat auch mit westlichen Schönheitsidealen zu tun. In den 60er-, 70er-, 80er-Jahren war es auch ein Zeichen von Reichtum, wenn man eine braune Haut hatte – das war eben ein Statussymbol. Das hat Einfluss auf unser Denken heute. Aber ich glaube auch, dass sich das Freizeitverhalten so verändert hat, dass viele Menschen mehr draußen unterwegs sind und der Outdoor-Sport auch zugenommen hat.

Haben tatsächlich mehr Menschen Hautkrebs als früher oder werden einfach jetzt mehr Fälle statistisch erfasst?

Da spielen tatsächlich beide Komponenten zusammen. Es gibt mehr Hautkrebsfälle, da vor allem der weiße Hautkrebs eine Krebserkrankung ist, die im hohen Alter auftritt. Durch den demografischen Wandel gibt es viel mehr ältere Menschen, wodurch der Hautkrebs einfach öfter zu sehen ist.

Ich glaube aber auch, dass die Aufmerksamkeit zumindest in den letzten Jahren zugenommen hat und die Menschen vermehrt darauf achten, was auf der Haut zu sehen ist.

Sind auch die Risiken für Hautkrebs gestiegen? Stichwort Klimakrise.

Natürlich spielt auch der Klimawandel eine Rolle. Da die Ozonschicht dünner wird und so die UV-Strahlen vermehrt eindringen können. Aber letztendlich waren die Sonnenstrahlen schon immer da und waren auch schon immer potenziell gefährlich.

Thema Vorbeugung: Alle zwei Jahre übernehmen die Krankenkassen eine Vorsorgeuntersuchung, aber an der gibt es auch Kritik. Manche Stimmen sagen: Dadurch gibt es auch nicht weniger Todesfälle.

Zwei Frauen schützen sich mit einem Schirm vor der Sonne.
Wer in der Sonne sitzt, sollte seine Haut vor den Strahlen schützen. Bild: dpa | Rolf Vennenbernd

Natürlich empfehlen wir immer die Vorsorge. Weil Vorsorge immer besser ist als Nachsorge. Es ist schwierig in der Praxis heutzutage einen zeitnahen Termin zu finden. Trotzdem ist es so, dass es viele Vorteile mit sich bringt, wenn Tumore frühzeitig erkannt werden. Die Operationen sind kleiner, die Kosten für das gesamte Gesundheitssystem sind niedriger. Deswegen sehe ich persönlich den Vorteil deutlich überwiegend.

Einerseits heißt es, dass oft was übersehen wird – andererseits aber auch, dass manche Diagnosen die Menschen zu Unrecht verunsichern.

Das gibt es sicherlich. Es ist immer wichtig, dass man zu einem Hautarzt geht, der für eine Hautkrebsuntersuchung qualifiziert ist. Es gibt auch Hausärzte, die Ganzkörperuntersuchungen anbieten. Das kann man in bestimmten Rahmen sicherlich auch vertreten. Aber dermatologische Untersuchung ist natürlich immer vorzuziehen.

Das Interview führte Felix Krömer. Jean-Pierre Fellmer hat es für butenunbinnen.de aufgeschrieben und redigiert.

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Autor

  • Felix Krömer
    Felix Krömer

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. Mai 2025, 19:30 Uhr