Polizei Bremen öffnet geschützte Anzeigenaufnahme für queere Community

Eine Frau zeigt ihre Arme mit verschiedene queere Armbänder und Bändchen (Symbolbild)
Die queere Community besteht aus vielen Gruppen, wie diese Armbänder zeigen. Gemein ist ihnen, dass sie in unserer Gesellschaft öfter angefeindet werden als andere Menschen. Bild: Imago | Müller-Stauffenberg

Queere Menschen können in Bremen nun sicherer Straftaten anzeigen. Die Polizei bietet nun geschützte Räume zur queersensiblen Anzeigenaufnahme an. Gut so, sagt auch "Rat und Tat".

In welchem Maße queerfeindliche Straftaten in Bremen zugenommen haben, lässt sich nur erahnen. Da sie oftmals gar nicht angezeigt werden, mangelt es hierzu an Zahlen. Dass es aber mehr geworden sind, ist unstrittig.

Auch deshalb bietet die Polizei Bremen Schwulen, Lesben, Transsexuellen sowie anderen Menschen, die sich der queeren Community zugehörig fühlen, ab jetzt eine gesonderte Anzeigenaufnahme an. In geschützten Räumen Am Wall 195 können sie 14-tägig Straftaten anzeigen, Rat einholen und sich an Hilfsstellen vermitteln lassen. Auch Zeugen queerfeindlicher Straftaten sind eingeladen, hinzugehen und die Vergehen und Verbrechen anzuzeigen.

Mit diesem neuen Angebot hofft die Polizei Bremen, auch von solchen Straftaten zu erfahren, von denen sie andernfalls vermutlich nichts erführe, teilt Sprecherin Franka Haedke dazu mit. Denn queerfeindliche Gewalt oder Diskriminierungen bei der Polizei anzuzeigen, gehe für die Opfer mit zusätzlicher emotionaler Belastung einher. Entsprechend scheuten die Betroffenen oftmals den Gang zur Polizei.

"Wir begrüßen das sehr"

Hier setzt die queersensible Anzeigenaufnahme der Polizei Bremen an. Sie will Betroffenen den Gang zur Polizei erleichtern – sehr zur Freude von Reiner Neumann aus dem Vorstand von "Rat und Tat Bremen", dem "Zentrum für queeres Leben". "Wir begrüßen das sehr", betont Neumann. Tatsächlich hätten sich einige queere Menschen in den vergangenen Jahren "nicht besonders sensibel" von der Polizei behandelt gefühlt. Auch seien sie in den Wartebereichen der Anzeigenaufnahme von anderen Menschen gegängelt worden. "Wir wissen, dass viele wegen solcher Geschichten nicht mehr zur Polizei gehen wollen." Doch das sei falsch, so Neumann: "Wir finden es ganz wichtig, dass gerade die Betroffenen von sexualisierter Gewalt Anzeige erstatten."

Neumann ist sich sicher, dass Diskriminierungen queerer Menschen und auch sexualisierte Gewalt in Bremen deutlich zugenommen haben. Das wisse er aus den Gesprächen mit Betroffenen. Und das gehe auch aus den nackten Beratungszahlen von "Rat und Tat" hervor.  Habe "Rat und Tat" im Jahr 2023 in 45 Fällen beraten, so seien es 2024 bereits 77 Fälle gewesen – und allein im ersten Quartal des laufenden Jahres 52. "Oft ging es dabei um sexualisierte Gewalt", fügt Neumann hinzu.

Mehr queerfeindliche Straftaten in Bremen

Die Zahl der queerfeindlichen Straftaten nahm zuletzt zu, so auch die Bremer Polizei. Sie bearbeitete 19 Fälle im Jahr 2020, im vergangenen Jahr bereits 26 Taten. Sie reichen von Beleidigung über Diebstahl und Sachbeschädigung bis hin zu Körperverletzung. 

"Tatbegehende sehen queere Menschen oft als Bedrohung für traditionelle Geschlechterrollen und heteronormative Familienstrukturen", erklärte eine Sprecherin der Polizei. Sie suchten sich ihre Opfer gezielt aus. In der Regel seien es fremde Menschen, was die Hemmschwelle für Gewalt senken könne.

Tipp für die Anzeige bei der Polizei

Um hier gegenzusteuern, sei die Hilfe der Polizei unverzichtbar, sagt er – und gibt Betroffenen noch einen Tipp: "Man muss bei der Anzeigenaufnahme zwar eine Adresse angeben. Das muss aber nicht die eigene sein. Es kommt nur darauf an, dass man über die Adresse erreichbar ist."

So könnten Opfer sexualisierter Gewalt statt ihrer Privatanschrift auch die Adresse von "Rat und Tat" angeben. Auf diese Weise könnten sie verhindern, dass der Täter auch noch ihren Wohnort erfährt. Zum Hintergrund: Um sich effektiv verteidigen zu können, haben Beschuldigte in einem Strafverfahren das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakten.

Wofür haben die Menschen auf dem CSD in Bremen demonstriert?

Bild: Radio Bremen

Autor

Quellen: buten un binnen und dpa.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Mittag, 12. Mai 2025, 12 Uhr