Interview
Experte zu maritimer Sicherheit: "Sind in Deutschland gut aufgestellt"
Bremerhavener Experte zum Schutz vor Angriffen auf See-Infrastruktur
Der in Hamburg gestartete Schifffahrtstag diskutiert auch maritime Sicherheit. Ein Experte aus Bremerhaven klärt über Risiken für Kabel und Windparks auf See auf.
"Schifffahrt – sicher, vernetzt, klimaneutral" – das ist das Motto des dreitägigen Deutschen Schifffahrtstags in Hamburg. Beim Thema Sicherheit geht es etwa auch um maritime Infrastruktur. Was das ist und was dazu gehört, erklärt Frank Sill Torres vom Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen beim Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) in Bremerhaven.

Herr Sill Torres, was fällt alles unter den Begriff maritime Infrastruktur?
Dazu gehören als erstes die Unterseekabel, die wir zur Übertragung von Daten nutzen. Wir haben aber auch Kabel zur Übertragung von Strom. Dann haben wir Offshore-Windparks draußen auf dem Meer. Ähnlich sind auch die Plattformen für Deutschland nicht ganz so spannend, da haben wir nur eine für Gasproduktion. Aber in der maritimen Welt gibt es natürlich noch mehr. Wir haben die Seewege, die man nicht vergessen darf, also die Schifffahrtsstraßen. Und wir haben die Häfen, die so ein Zwischending darstellen, zum Teil maritim, zum Teil auch terrestrisch. Aber auch die gehören ganz klar zu den maritimen Infrastrukturen.
Wie ist es um die Widerstandsfähigkeit der maritimen Infrastruktur in Deutschland bestellt?
Das ist grundsätzlich eine sehr komplizierte Frage, weil wir über verschiedenste Infrastrukturen reden. Wir müssen schauen, dass wir als Forschungseinrichtung, die sich vor allem mit technologischen Fragen auseinandersetzt, also welche Technologie kann man einsetzen, um Resilienz zu bestimmen, nur bedingt eine konkrete Antwort geben können. Was ich sagen kann, ist, dass wir in Deutschland schon gut aufgestellt sind.
Wir haben Sicherheitsbehörden, die in der maritimen Welt aktiv sind. Wir haben Zentren, in denen sogenannte maritime Lagebilder vorhanden sind, mit denen man schaut, was auf dem Meer passiert. Wir nutzen verschiedenste Technologien, seien es Satelliten, aber auch stationäre Technologien wie Radar, um das Meer zu beobachten. Wir haben Fähigkeiten, auf Gefahren zu reagieren.
Ist Deutschland gegenwärtig wettbewerbsfähig oder braucht es so etwas wie eine Investitionsoffensive?
Wir konnten in den letzten Jahren beobachten, gerade durch die Ereignisse, dass die maritime Welt in einen größeren Fokus gekommen ist und man erkannt hat, dass man in den letzten Jahren etwas mehr hätte machen können. Ich will mich nicht dazu hinreißen lassen, zu sagen, dass Deutschland nicht wettbewerbsfähig ist.
Nichtsdestotrotz ist es schon sinnvoll, mehr zu tun, in der maritimen Welt diesen Fokus weiter zu stärken und zu erkennen, wie wichtig sie für uns ist. Und dass wir hier auf jeden Fall in der Kooperation zwischen den Partnern, aber auch in den Technologien, noch weiter voranschreiten können. Ich möchte aber darauf verweisen, dass wir schon nicht schlecht aufgestellt sind, auch im europäischen Vergleich.
Welche Folgen könnten Angriffe auf diese Infrastruktur haben?
Ein Beispiel, das man gerne verwendet, sind die Datenkabel, über die weltweit über 98 Prozent des Internetverkehrs langgehen. Wir müssen sagen, wenn uns im deutschen Bereich Datenkabel verloren gehen, ist der Schaden noch überschaubar für uns, weil es gute Alternativen gibt. Was viel kritischer werden kann, sind zum Beispiel die Schifffahrtswege. Wir haben erlebt, was passiert, wenn sich ein Schiff querstellt. Auch das ist ein Szenario, das wir für Deutschland sehen müssen.
Und was in der Zukunft noch mehr zunehmen wird, ist die Abhängigkeit von der Offshore-Windindustrie, die ja sagt, das ist ökologisch etwas Tolles. Aber wir müssen erkennen, wir haben Windparks oder auch Vereinigungen, die bis zu zwei Gigawatt an Energie bereitstellen. Da reden wir von der Größe eines kleinen oder mittelgroßen Kernkraftwerkes. Und wenn uns die auf einen Schlag abhandenkommen, dann könnte das schon Probleme für das Stromnetz bieten.
Wie funktioniert in dem Bereich die Zusammenarbeit der EU-Staaten?
Das passiert sowohl auf der Länderebene als auch auf der Nato-Ebene aus unserer Sicht schon recht gut. Die Länder stehen da in einem sehr guten Austausch, sowohl an Erfahrung, aber auch Daten oder Fähigkeiten. Nichtsdestotrotz kann auch dieser Bereich noch weiter verstärkt werden, sodass man schaut, wo können wir noch mehr und enger zusammenarbeiten? Sei es im Austausch von Informationen, von Daten, aber auch beispielsweise bei Beschaffung: Wie können wir gucken, dass wir Ressourcen zusammenführen, um schneller voranzukommen?
Sind die Briten da auch mit im Boot als Nicht-Mehr-EU-Mitglied?
Es wird auf jeden Fall auch mit den Briten geredet. Natürlich ändern sich ein bisschen die Rollen, die sie teilweise einnehmen. Aber die Briten sind ja auch weiterhin Nato-Partner und dadurch natürlich ganz eng an uns angebunden. Von daher ist der Austausch da weiterhin sehr groß und auch wichtig.
Das Gespräch führte Martin Busch für Bremen Zwei. Aufgeschrieben und redigiert hat es Joschka Schmitt.
So soll eine "Seekatze" maritime Infrastruktur schützen
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 6. Mai 2025, 17:35 Uhr